Es ist das alte Spiel: Erst will sie, dann will er – zu spät. Da ist sie längst glücklich verheiratet und er kein bewunderter mondäner Dandy mehr, sondern: ein Relikt aus einer vergangenen Zeit. Und doch brennt die Luft, wenn diese beiden Menschen aufeinander treffen… Erinnerungen und Gefühle der Jugend, der Verliebtheit, Schwärmerei, auch Dramatik kommen hoch. Wer könnte sich diesem Zaubertanz entziehen? Keiner der zurzeit aktiven Balletttänzer tanzt die Titelpartie des „Onegin“ in der legendären Choreografie von John Cranko so pointiert, so mitreißend, so durchdacht, so stürmisch und auch so zärtlich wie Jason Reilly, Starballerino vom Stuttgarter Ballett und als Gast beim Wiener Staatsballett gestern mit seiner früheren Kollegin Hyo-Jung Kang in der Rolle der Tatjana heftig bejubelt. Welch ein Hochkarat zum Jahresausklang – und wenn man auf das zur Neige gehende Kalenderjahr 2021 zurückschaut, kann man es als Zeichen der Hoffnung werten, dass nach vielen Aufs und Abs eine solche kongeniale Darbietung die ballettösen Aktionen krönt.
Schauen wir zurück in den Januar und Februar diesen Jahres. Europa versank im Lockdown.
Der Prix de Lausanne präsentierte sich erstmals ausschließlich online. Premieren und Vorstellungen wurden ins Internet verlegt, die Opernhäuser blieben viele Monate lang leer.
Dafür gründete Mikhail Kaniskin den YGP Germany – und präsentierte im Oktober 21 eine Gala, wie sie der Hauptstadt würdig ist.
Es gab aber auch Todesfälle in der Tanzwelt, und zwar gefühlt deutlich mehr als sonst. Liam Scarlett und Colleen Scott, Patrick Dupond und Carla Fracci, Ismael Ivo und Raimund Hoghe gingen 2021 zu den Sternen, wie man in Frankreich sagt – manche von ihnen, wie Carla Fracci, die in Mailand ihre „Giselle“ einstudierte, leisteten noch kurz zuvor Großes.
Die Trauer um die Toten und die Bemühungen, sich mit der Tragik des Lebens abzufinden, trafen in diesem Corona-Jahr viele auch junge Menschen.
Gedenken wir all jenen, die von uns gingen, und sprechen wir all jenen Mut zu, für die schwer ist zu bleiben!
Die Kunst sollte hier Hilfe und Trost, Vertrauen und Geborgenheit in einem metaphysischen Sinn spenden.
Dafür war die gestrige „Onegin“-Vorstellung in Wien ein Musterbeispiel. Es geht hier nicht um die technischen Fertigkeiten der Solisten oder des Corps de ballet. Dieses Mal wollen wir weniger diskutieren als vielmehr hingebungsvoll genießen.
Und da steht Hyo-Jung Kang, die sowohl die junge, verträumte Leseratte Tatjana im ersten Akt als auch die leidgeprüfte unglücklich Liebende im zweiten Akt als auch – im dritten Akt – die begehrenswerte Fürstin darstellt, wie eine Eins für eine Primaballerina, die so viel Gefühl in ihre schönen Füße zu legen weiß, dass man im Publikum einfach nur dahinschmelzen kann.
Schon beim Stuttgarter Ballett als auch – gastierend – beim Staatsballett Berlin fiel sie uns gerade in dieser Partie immer wieder höchst angenehm auf.
Was für eine geballte Ladung Weiblichkeit bei gleichzeitiger Noblesse und sichtlich kontrollierter Wildheit!
Und damit ist sie auch die optimale Partnerin für Jason Reilly, der als Eugen Onegin in Wien einmal mehr schlichtweg umwerfend tanzt und spielt.
Superbe ist zu beobachten, wie er vom blasierten Gesellschaftsgockel zum ab und an Gerührten mutiert. Denn Tatjana, die ihn zunächst erschrocken, dann fasziniert anschaut, ist ihm keineswegs ganz egal. Sie passt nur nicht in seinen Lebensplan vom genussreichen, verantwortungslosen Dasein als Dauerdandy.
Tatjana ist die ältere von zwei Töchtern der Landadligen Madame Larina (von Rebecca Horn tapfer und mit viel Elan gespielt, obwohl sie eigentlich noch zu jung für die Rolle ist).
Ihre jüngere Schwester Olga – mit Aleksandra Liashenko als eher schüchternes und leider auch unmusikalisches Mädchen besetzt (huch, jetzt haben wir doch kritisiert) – hat viel mehr Talent zum Feiern. Aber Tatjana ist eine junge Frau, die den Dingen auf den Grund geht und die das Außergewöhnliche zu schätzen weiß.
So verschieden Olga und Tatjana sind, so verschieden sind die drei Liebesentwürfe, die in „Onegin“ gezeigt werden.
Da gibt es Olga und ihren Verlobten Lenski – von Denys Cherevychko mit viel Pfeffer in der Beinarbeit getanzt – und diese beiden verkörpern das lyrisch-unbeschwerte, naiv-zuversichtliche Liebesglück.
Tatjana wiederum liebt Onegin vom ersten Anblick an, vermag zunächst aber nicht über die Hürden seiner Arroganz zu seinem Innersten wirklich vorzudringen.
Sie liebt also unglücklich. Schließlich verspottet er sie sogar, weil sie nicht aufgibt, ihn zu umwerben – und um sie zu kränken, flirtet er inbrünstig mit der verlobtem Olga.
Und obwohl Onegin und Lenski Freunde sind, sät dieser Flirt tödlichen Hass zwischen ihnen. Lenski fordert Onegin heißblütig zum Duell – und unterliegt.
Doch damit ist die Geschichte noch nicht vorbei. Onegin und Tatjana sehen sich nach zehn Jahren wieder, als sie durch ihren Gemahl, den Fürsten Gremin, zu einem feudal-opulenten Glück gefunden hat.
Onegin wird eifersüchtig – und entflammt für Tatjana.
Alexander Puschkin erdachte diese Geschichte, er schrieb unwissentlich damit auch die literarische Vorlage fürs Ballett, mit seinem Versroman „Eugen Onegin“, der 1833 erstmals veröffentlicht wurde.
Puschkin vermag etwas, das auf der Bühne ungleich schwerer ist: Er vereint sachliche Schilderung mit satirischem Kommentar und parodistischer Überziehung.
Auch Peter I. Tschaikowsky, der eine Oper aus dem spannenden Stoff machte, konnte zwar komische Elemente in seinen „Eugen Onegin“ einflechten – aber die Gleichzeitigkeit von Scherz, Satire, Ironie und tieferer Bedeutung gelingt zweifelsohne im Schriftlichen weitaus besser als in den Ohren.
Kurt-Heinz Stolze wiederum bearbeitete und orchestrierte verschiedene Musiken von Tschaikowsky für das Ballett von John Cranko, und auch, wenn Stolze selbst es bestritt: Es gibt klanglich deutliche Übereinstimmungen mit Passagen der Oper. So der berühmt-berüchtigte Schlussakkord.
Die Wiener Philharmoniker, die, wenn sie in der Oper spielen, als Orchester der Wiener Staatsoper rangieren, spielten übrigens fabelhaft, auch wenn Dirigent Johannes Witt nicht ganz so speziell den Sound trifft wie Robert Reimer, der in Wien die folgenden „Onegin“-Vorstellungen leiten wird.
Die Macht dieser Musik ist derweil unbestreitbar. Denn insgesamt steigerte Stolze mit seinen Bearbeitungen den Tschaikowsky-Sound zu einer Art Kinofilmsound.
Interessant sind aber auch solche Szenen, in denen dieselbe Musik verwendet wird, obwohl etliche andere Szenen dazwischen liegen.
In „Onegin“ ist das vor allem in der Beziehung von Tatjana und Onegin der Fall.
Nachdem sie ihn kennengelernt hat, fasst Tatjana einen Plan. Sie schreibt ihm, und es ist ein Liebesbrief, den ein abgebrühter, kalt kalkulierender Mensch wie Onegin gewiss nicht richtig verstehen wird.
Aber Tatjana hat sich in Gefühle hineingesteigert, die absolut typisch für junge und jung gebliebene Gemüter sind: Sie ist so verknallt, dass sie die Realität, wie das Objekt ihrer Begierde wirklich ist, nicht mehr wahrnimmt.
In ihrem Traum, da ist Onegin jedoch ein zärtlicher Gentleman, ein Ausbund an Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit, und er tanzt mit ihr ganz so, als würde er sie ebenso lieben wie sie ihn.
Da hebt er sie! Nicht nur kurz, wie auf dem Spaziergang, den die beiden in der Spielrealität hinter sich brachten. Sondern lang und mit großer Geste – und aus Onegin und Tatjana wird in dieser einen Nacht ein Liebespaar, allerdings nur dank ihrer Vorstellungskraft.
Er kommt aus dem mannshohen Standspiegel zu ihr, in ihr Schlafzimmer, das im Kerzenlicht nicht nur schummrig, sondern auch gemütlich wirkt.
Und die Melodien aus dem ursprünglich als Gesangsstück komponierten „Romeo und Julia“ von Tschaikowsky lassen die beiden Liebenden so organisch als Mann und Frau wirken, dass man glaubt, sie seien füreinander geschaffen.
Genau diesen Eindruck erzielen Hyo-Jung Kang und Jason Reilly hier!
Prägnant für Reillys Darstellung des Onegin ist, dass er hier den Mann aus Tatajanas Träumen darstellt – und darauf verzichtet, mit neutral-hochnäsigem Gesichtsausdruck sich herabzulassen, sie zu partnern.
Er ist hier der souveräne Liebende, wie jede Frau ihn sich wohl wünscht.
Und technisch hat er die Partie so versiert im Körper, dass man wirklich glauben könnte, sie sei für ihn choreografiert.
Dabei schuf John Cranko sein bestes Stück in zwei Stufen in den 60er-Jahren. Heinz Clauss war der erste Ballerino, der diese Partie tanzen durfte. Aber angedacht war sie für keinen geringeren als für Rudolf Nurejew, der „Onegin“ mit Margot Fonteyn in London uraufführen sollte. Glück für die Stuttgarter, dass die Fonteyn, damals nicht mehr ganz jung, keine sehr hohen Hebungen mochte, und die waren für Cranko von der ersten Planung an wesenhaft für die Beziehung von Tatjana und Onegin. So tanzte Marcia Haydée die Uraufführung, beide Male: die erste Version Crankos, die noch einen Prolog hat, und dann die zweite Version, die wir heute noch sehen, und mit der der große Erfolg des Stücks kam.
Hyo-Jung Kang ist nun nicht direkt mit Marcia Haydée zu vergleichen. Und auch Jason Reilly hat selbstverständlich ähnliche, aber eben auch ganz andere Qualitäten als Rudi.
Aber: In ihrem Zusammenspiel können sie sich mit dem Jahrtausendpaar des Balletts durchaus messen.
So innig, so verständig, so auf den Punkt genau einander begehrend, auch einander ablehnend, dann wieder einander anhimmelnd, schließlich einander zum Teufel schickend – das ist so lebensnah und doch so überaus künstlerisch wertvoll interpretiert von diesem Paar!
Das ist – das höchste Glück für das Publikum!
Schließlich sieht Onegin den einstigen Bücherwurm Tatjana als glamouröse Fürstin an der Seite ihres Gatten Gremin. Dieser wiederum wird von Igor Milos mit viel Einfühlungsvermögen getanzt, er ist Tatjana ein Partner wie aus dem Bilderbuch für vornehme Ehen.
Im roten Abendkleid – die Ausstattung stammt hier, wie beim Staatsballett Berlin, nicht von Jürgen Rose, sondern von Elisabeth Dalton – bezaubert Hyo-Jung Kang in ihrem ehelichen Pas de deux mit Igor Milos so sehr, dass man versteht, warum Onegin, der zufällig anwesend ist, erst jetzt so richtig Feuer fängt.
Jason Reilly spielt es absolut nachvollziehbar: Ein gelangweilter Eisblock, der zuvor nur gelegentlich die Liebe der Oberflächlichkeit vorzog, sozusagen als Abwechslung vom Alltag, kommt ins Schmelzen… Die Eifersucht, diese hitzige Passion, schürt seine Gefühle und lässt ihn dieses Mal genau hinsehen, wenn er Tatjana ins Auge fasst.
Und er sieht: einen Grund, sein Leben zu ändern!
Natürlich spielt es hier eine Rolle, dass Onegin nicht mehr ganz jung ist und einen Großteil seiner Manneskraft bereits verschwenderisch an diverse Balldamen vergab. Jetzt ist er an einem Punkt angekommen, an dem er reif ist für die Liebe – oder zumindest glaubt er das von sich selbst.
Und war ihm je eine entzückendere Lady begegnet als diese hier?
Und hat sie ihn – oh, was für ein Schicksal – nicht immer schon geliebt? Hat er hier nicht den unübertrefflichen Vorteil, als Erstgeliebter für immer nach Belieben in ihrem Herzen regieren zu können?
Onegin kündigt Tatjana seinen Besuch in einem Brief an.
Sie erwartet ihn mit Bangen. Sie versucht noch, ihren Gemahl zum Bleiben zu bewegen. Aber er ahnt wohl nicht, wie ernst die Situation ist.
Als Onegin ins Zimmer stürmt, von musikalischen Wirbeln begleitet, ist er fest entschlossen, sie für sich zu erobern. Sie hingegen ist fest entschlossen, ihm zu widerstehen.
Dabei wissen beide: Im Grunde ihres Herzens liebt sie ihn wie eine Süchtige ihre Droge.
Er fällt vor ihr auf die Knie, mehr noch: Er liegt zu ihren Füßen, schwört, ihr Halt und Kraft zu geben. Immer stärker beschwört er sie, umtänzelt sie, ergreift ihre Hand, zieht sie zu sich, einmal küsst er von hinten ihre Schulter.
Und der gemeinsame Höhenflug beginnt.
Wieder erklingen Melodiebögen aus „Romeo und Julia“, und wieder lässt Onegin Tatjana sich erheben. Und es ist kein Traum: Onegin ist leidenschaftlich in Tatjana verliebt.
Fast siegen seine neuen Gefühle über ihren starken Verstand.
Beinahe lässt sie alles stehen und liegen und brennt mit ihm durch.
Hätte diese Liebe eine Chance? Im 19. Jahrhundert in Sankt Petersburg?
Sie würde Onegin viel opfern. Alles. Sie ist glücklich, versorgt und hoch angesehen mit ihrem Fürsten. Was hätte ihr der müde werdende Lebemann zu bieten?
Und doch: Nachdem sie seinen Brief zerrissen und ihn rausgeworfen hat – nicht nur aus ihrem Zimmer, sondern auch aus ihrem Leben – verzweifelt auch sie.
Aber es ist ein Sieg über sich selbst, den sie zelebrieren kann, während sie ihre Energie in den geballten Fäusten sammelt. Ihre Unterarme senken sich…es ist vorbei.
Ob Onegin jemals einen erneuten Versuch unternehmen wird, Tatjana noch für sich zu gewinnen, steht in den Sternen.
Aber im Rückblick auf dieses Ballettjahr sind die „Onegin“-Vorstellungen, die es in Berlin, Stuttgart und Wien gab und gibt, sicher mit das Beste. Den Höhepunkt dessen haben wir soeben vorgestellt.
Dankeschön nach Wien für eine so brillante, seelenvolle Performance!
Man fragt sich allerdings, wieso es so etwas zur Festtagszeit nicht in Stuttgart, der tänzerischen Heimat von Onegin, zu sehen gibt, und warum man Jason Reilly bis nach Wien nachreisen muss.
Und auch dort war er keineswegs von vornherein eingeplant, sondern sprang für einen verletzten Kollegen – dem hiermit gute Besserung gewünscht sei! – ein. Aber mit was für einem Temperament, mit was für einer Souveränität tat er es!
Jason Reilly hat wirklich alle Ballettpreise verdient, die es nur gibt.
Das Stuttgarter Ballett hätte mit dieser Besetzung jedenfalls ebenfalls sehr gefallen können, zumal in der Zeit der Jahreswende. Festliches zu Festlichem!
Es gab 2021 aber auch andere Erlebnisse, die nicht vergessen werden sollten.
John Cranko wurde nämlich vom Aalto Ballett in Essen ganz famos interpretiert, bei der Premiere von „Der Widerspenstigen Zähmung“ mit Adeline Pastor nachgerade unübertrefflich.
Beim Hamburg Ballett zählen unbedingt der tolle „Hamlet 21“ und die gestrige tränenselig-glamouröse Abschiedsvorstellung von Hélène Bouchet in „Weihnachtsoratorium I – VI“ mit Dutzenden von Blumen und offizieller Verabschiedung durch Ballettchef John Neumeier zu den Highlights.
Das Ballett Dortmund überraschte in dieser Saison auch immer wieder, und zwar überwiegend total positiv, mit Online-Streams etwa von „Der Zauberberg“ und „Die göttliche Komödie III: Paradiso“ von Xin Peng Wangebenso wie mit Vorstellungen auf der Opernhausbühne, zuletzt beim zweiteiligen Abend „Strawinsky!“.
Als absoluter Höhepunkt muss hier die neue Show von Lucia Lacarra und Matthew Golding gelten: „In the Still oft he Night“ ist ein Ballett ganz neuen Zuschnitts, das eine sensationelle moderne Faszination ausübt.
Beim Staatsballett Berlin punktete derweil die Premiere von „Dawson“ mit zwei sehr berührenden Arbeiten von David Dawson.
Beim Porsche-Ballett, Pardon, also beim Stuttgarter Ballett, berauschte außer „Onegin“ das „Dornröschen“ von Marcia Haydée, und auch in „Höhepunkte“ gibt es fesselnde Momente, wenn sie auch nicht wirklich geeignet sind für die festliche Jahresendzeit.
Das Bayerische Staatsballett entführt mit „Cinderella“ von Christopher Wheeldon in eine moderne Märchenwelt, auch wenn nur ein Viertel der Plätze im Zuschauersaal belegt sein dürfen, während das Semperoper Ballett in Dresden off stage auf eine Besserung der Corona-Lage warten muss.
An Geduld fehlte es in diesem Jahr, in dem die meisten deutschen Opernhäuser etwa sechs bis sieben Monate geschlossen waren, jedenfalls nicht.
An Skandalen aber auch nicht!
Chloé Lopes Gomes behauptete, in Berlin rassistisch diskriminiert worden zu sein – und kassierte dafür unter anderem Spendengelder, einen günstigen gerichtlichen Vergleich und sehr viel Aufmerksamkeit.
Aber Barbara Schroeder, die von ihr wüst beschuldigte Ballettmeisterin, holte sich arbeitsrechtlich Gerechtigkeit: Die Einträge wegen angeblich diskriminierenden Verhaltens in ihrer Personalakte werden gelöscht.
Weniger gut ging es für den „Nussknacker“ von Vasily Medvedev und Yuri Burlaka sowie für „La Bayadère“ von Alexei Ratmansky in Berlin aus. Man könnte auch sagen: Dank der PR-Sucht von Christiane Theobald, die derzeit das Staatsballett Berlin kommisarisch leitet, verlor ihre Truppe zwei bedeutende Inszenierungen, ganz so, als sei könne man politische Korrektheit ganz plump als alles vernichtende Keule gegen die Klassik einsetzen.
Dennoch schaffte es das Stuttgarter Ballett, auf der Skandal-Skala mit Berlin nahezu gleichzuziehen:
Die dubiose Kündigung seines hoch motivierten Musikdirektors Mikhail Agrest gab Anlass dazu, den Schleier um die heimliche Herrschaft von Reid Anderson als grauer Eminenz mal ein wenig zu lüften. Und siehe da: Weder Stuttgarts Ballettintendant Tamas Detrich noch sonst jemand im Klüngel der schwäbischen Ballettmächtigen konnte bislang eine Antwort auf diverse Ungereimtheiten vor Ort geben. Ein Suizid-Ballett zu Weihnachten war dann der traurige Höhepunkt einer eher gedankenlosen Leitung des einst so tollen Stuttgarter Balletts.
Fakt ist: 2021 war und ist ein Jahr, in dem Verluste zu beklagen sind, die mit der tänzerischen Qualität der großen Compagien nichts zu tun haben.
Hoffen wir fürs neue Jahr 2022 auf das Beste – Cheers!
Gisela Sonnenburg (Informant: Boris Medvedski)