Das gibt es: Ein Buch, das zugleich gut und schlecht ist. Gut ist der auf Englisch im Berliner Alexander Verlag erschienene Band „Dance & Costumes – A History of Dressing Movement“ („Tanz und Kostüme – eine Geschichte der Kleiderbewegung“) von Elna Matamoros, weil er eine Fülle von historischen Details anhäuft und umfassend bebildert. Alles hier, auch und gerade das Bunteste, hat mit der bühnenträchtigen Geschichte der Tanzkostüme zu tun. Schlecht ist der Band, weil inhaltlich so viele Verbindungen fehlen. Die Frage, in welchen Gewändern sich Ballett und Tanz präsentieren, ist schließlich von höchster Bedeutung. Außer Mode und Zeitgeschmack spiegeln sich darin auch künstlerische Intentionen: Kleidung ist in der darstellenden Kunst ein Ausdrucksmittel. Und sollte ein sich lexikalisch präsentierendes Kompendium zum Thema wirklich erst mit Ludwig XIV. im 17. Jahrhundert beginnen? Sollte es zudem ganz ohne Namen- und Titelverzeichnis auskommen wollen? Sollte es schließlich auch auf die Darstellung einer chronologischen Entwicklung teilweise verzichten? Ganz ehrlich: So etwas überzeugt nicht ganz.
Bei Matamoros geht es in Frankreich zur Zeit des Sonnenkönigs los, als habe es vorher keine Tanzkostüme gegeben. Die Autorin hat sich von der vordergründigen Entstehungsgeschichte des Balletts leiten lassen, wie man sie in zahllosen Lexika nachlesen kann.
Dabei wusste schon Plato um 340 v. Chr.: „Der Tanz beeinflusst wie keine andere Kunst die Seele. Tanzen ist von Natur himmlisch und ein Geschenk der Götter.“ Tanz ist also nicht das Vorführen von Klamotten, sondern umgekehrt sollen die Kleidungsstücke dazu dienen, dem Gehalt des Tanzes Nachdruck zu verleihen und ihn somit passend zur Geltung zu bringen.
Kaum eine Kultur kommt ohne Tanz in auffallenden Kostümen aus, und die Schamanentänze der Mayas, der Indianer und auch die sakralen Tänze der alten Ägypter, Perser und Assyrer, die Tempeltänze der asiatischen Religionen sowie die mannigfaltigen Folkloretänze sollten ebenso spannend wie grundlegend sein, wenn man sich dem Phänomen „Tanz“ in seiner Erscheinung im Kostüm nähern will.
Doch für Elna Matamoros, die gebürtige Spanierin ist und in Compagnien wie der Compania Nacional de Danza tanzte, um später in New York und Madrid zu studieren und seit 2016 an der Zürcher Hochschule der Künste zu lehren, gibt es keine solchen ursprünglichen Wurzeln des Tanzes.
Für sie beginnt der Tanz mit dem Ballett, und er endet vorläufig bei Ohad Naharin. Punkt. Eine etwas kleingeistige Sichtweise, oder?
Aber warum überhaupt verhüllen sich Körper, wenn sie tanzen? Heute wäre Nackttanz durchaus möglich und wurde, etwa in John Neumeiers erster Fassung von „Le Sacre“ sowie in Mauro Bigonzettis Version von „Romeo und Julia“, auch schon durchexerziert. Aber auch Nacktheit ist ein Kostüm und sollte nur bei entsprechender Sinnstiftung auf die Bühne kommen.
Der jeweilige Charakter des Dargestellten soll nämlich von einem Kostüm oder Outfit ebenso betont werden wie die Position der Figur, die getanzt wird. Ein Kostüm ist kein Selbstzweck, im Gegenteil: Es ist stets dem Aufführungszweck untergeordnet.
Dazu gehört natürlich auch die Hervorhebung von Schönheit und Sexiness – aber das ist es eben nicht allein.
Eine solche analytische Sicht fehlt in Matamoros‘ Werk, und bis zum Schluss der fast 460 Seiten wird man das Gefühl nicht los, dass sie sich eigentlich immer nur mit scherzhaften Anekdoten sowie oberflächlichen Schnittmustern beschäftigt hat.
Was hatte Camargo an, wie gefiel der Faltenwurf, und was hat das mit „Giselle“ und Vaslav Nijinksy zu tun? – Eben. Wenn man diese Dinge schon auf einen Haufen wirft, sollte man sie auch in Beziehung zueinander setzen. Aber Matamoros springt munter zwischen den Gezeiten der Ballettgeschichte hin und her, plaudert recht viel und verliert sich dabei in der Illusion, alles würde schon irgendwie mit allem anderen zusammenhängen.
Tiefgang geht ihrer Arbeit ab, ebenso ein historisches Verständnis von Kultur.
Sie nimmt alles so, als wäre es heute erfunden worden: Die seitlich ausladenden Röcke des Barock, die engen Mieder der Romantik, die sorgsam von Hand hergestellten Spitzenschuhe der Firma Freed.
Einerseits ist das Buch dadurch lebendig und relativ leicht zu lesen. Darum fand es wohl auch bisher soviel Zuspruch bei der deutschen Presse.
Andererseits fehlen Zusammenhänge und wissenschaftlich zu beleuchtende Hintergründe. Ohne Seitenblicke auf die Kunstgeschichte und auch Sozialgeschichte zu werfen, verheddert sich Elna Matamoros stur in ihren luftigen Tutus.
HipHop, der im Grunde in den Bereich des Unterhaltungs- und Gesellschaftstanzes gehört, spart sie sowieso aus, ebenso Rock’n Roll oder Charleston-Kostüme – da kann man ihr keinen großen Vorwurf machen. Aber insgesamt fällt einem doch immer wieder auf, wie konventionell ihre Sicht auf den Tanz ist.
Und dabei hat sie noch nicht mal die fürs Ballett wichtige Entwicklung vom wadenlangen romantischen Tutu hin zum kurzen Tellertutu explizit beleuchtet und erklärt. Und das ist nun in ihrem Konzept von Tanz ein starkes Manquo.
Und wirklich: Das rote Band, das den Schuh von Camargo an ihrem Fuß befestigte, muss man nicht als „beautiful“ („schön“) bezeichnen. Man wüsste viel lieber, was die Kostüme von Marie Camargo, Jahrgang 1710, bedeuteten. Dass sie den absatzlosen Tanzschuh einführte und somit viel besser springen konnte als ihre Vorgänger:innen, könnte auch damit zu tun haben.
Dass Camargos Konkurrentin Marie Sallé ebenfalls Kostümgeschichte schrieb, und zwar sowohl mit teils durchsichtigen Gewändern als auch en travestie als männlicher Cupido, wird hingegen gut fasslich. Hier liegt die Stärke von Matamoros: Sie beleuchtet pikante Details und beschreibt sie so genau, dass sich daraus bereits ein Zusammenhang ergibt.
Dennoch wird man den Verdacht nicht los, dass die ganze Tanzkostümgeschichte hier auf dem Material an Abbildungen basiert, das der Autorin zum Abdruck zur Verfügung gestellt wurde.
Die Epoche der Romantik, vor allem der französischen, wird denn auch exzessiv behandelt.
Marie Taglioni sehen wir rauf und runter abgebildet und beschrieben, ob als Sylphide oder als Bienenkönigin; allerdings wird nicht erwähnt, dass sie wahrscheinlich die erste Tänzerin in einer Art von Spitzenschuhen war. Dazu kommt dann ihre Gegenspielerin Fanny Elßler in eher folkloristischer Aufmachung. Ab und an tauchen noch Carlotta Grisi und Lucile Grahn auf, wobei die Namen dieser großen Ballettlegenden im Buch nicht immer richtig geschrieben sind.
Wenn dann aber plötzlich ein Poster mit einem Aktmotiv von Leni Riefenstahl dazu kommt, ohne, dass die faschistische Ästhetik erkannt und entlarvt wird, sondern sie vielmehr Eins zu Eins mit dem Tanzsystem von Rudolf von Laban und auch noch generell mit dem deutschen Ausdruckstanz gleichgesetzt wird, dann reicht es einem wirklich: Diese Autorin hat ein historisches Verständnis von Tanz, das faktisch nicht existiert.
Man liest und kauft so ein Werk aber gerade für die gegenteilige Absicht: Man möchte ordnen und einordnen lernen, eine Entwicklung erkennen und begreifen – und man möchte keinesfalls einfach nur geflutet werden mit irgendwelchen Großaufnahmen von Einzelheiten, die dann insgesamt doch kein Puzzle ergeben.
So klammert man sich an die umfangreiche Bebilderung, die mal im Kleinformat, mal ganzseitig und manchmal sogar doppelseitig in hervorragendem Vierfarbdruck aufwartet.
Genau so macht es ja auch die Buchautorin: Sie hudelt sich von Foto zu Gemälde, von Skizze zu Portrait. Die Bildanhäufungen alleine lohnen die Anschaffung dieses Bandes allerdings, denn aus den genannten Epochen findet man reichlich Anschauungsmaterial. Es zu deuten, obliegt dann aber der Leserschaft.
Marius Petipa, dem Titanen des russischen Balletts zur Zarenzeit, ist immerhin ein eigenes Kapitel gewidmet.
Aber all die anderen Tanzkreativen, von Ruth St. Denis, Ted Shawn, Isadora Duncan und Martha Graham über die „Ballets Russes“ bis zum Zürcher Ballett von Christian Spuck, tauchen in all dem Kuddelmuddel wie wundersam auf, werden mit Anekdoten und Zitaten aus Unterlagen garniert und verschwinden wieder im großen ganzen Bunten des Bühnentanzes, der für Elna Matamoros offenkundig ein einziges Universum ohne Grenzen oder Unterschiede ist.
Was für eine paradiesische Vorstellung von der Welt, fast wie in einem Werbeclip für Eiscreme!
Gerade auch die jüngere Zeit betreffend, ist Matamoros‘ Bericht dann aber doch arg lückenhaft. Ihre Kostüme haben große Löcher, sozusagen.
Von Jürgen Rose, der die legendären Kostüme (und Bühnenbilder) für die weltbedeutenden drei großen Handlungsballette von John Cranko schuf sowie erst vor wenigen Jahren eine bahnbrechende Neuillustration von „Mayerling“ von Kenneth MacMillan, und der zudem auch für zahlreiche Großballette von John Neumeier die Ausstattung kreierte, hat die Autorin noch nie gehört.
Auch John Neumeier, der im Laufe seines Lebens immer öfter auch die Kostüme seiner Stücke selbst ersann und dabei durchaus Novitäten und stilistische Verfeinerungen erschuf, kommt hier im ganzen Buch nicht vor. Dabei halten viele ihn für den bedeutendsten Choreografen mindestens seiner Zeit. Auch seine Stiftung bleibt im Buch außen vor, wiewohl sie eine bedeutende Sammlung von Fotografien und Unterlagen in sich vereint.
Neumeiers Frühwerk schrieb bereits Tanz- und Kostümgeschichte, oft im Verein mit Jürgen Rose. Mit ihm kreierte er Weltballette: „Ein Sommernachtstraum“ (1977) mit silbergrau glänzenden, schein-nackten Elfen, die eine lange theatrale Vorgeschichte und auch eine Nachgeschichte haben; „Der Nussknacker“ mit assoziationsreichen historischen Anspielungen gerade in den Kostümen; „Illusionen – wie Schwanensee“, worin mit König Ludwig II. eine historische Person auf die Bühne geholt wird; „Die Kameliendame“ (1978), in der es einen großen Liebes-Pas-de-deux im schwarzen Unterrock gibt. Was damals jeweils sensationell war.
Matamoros ignoriert all das oder kennt es nicht.
Auch hinter den Eisernen Vorhang vermag sie nur selten zu schauen. Die nackten Oberkörper von männlichen Tänzern, die der geniale Moskauer Choreograf Yuri Grigorovich am Bolschoi Theater für seinen „Spartacus“ 1968 erfand, machten aber auch im Westen weitere Karriere, was Elna Matamoros ebenfalls entging.
Dagegen wirkt ein Foto mit einer von Ohad Naharin choreografierten Szene, in der die Tänzer:innen helle Unterhemden und Shorts tragen, was wie Reklame für Dessous wirkt, etwas banal.
Aber es fand den Weg in dieses Buch, ebenso wie die schwarzen Schneiderpuppen aus „Petite mort“ von Jiri Kylián und zwei Fotos zu Werken von William Forsythe. Leider fehlt aber das gelbe Männer-Röckchen aus Forsythes „Herman Schmerman“-Pas de deux. Mit ihm könnte man immerhin etwas Neues belegen, nämlich dass das herkömmliche Männerbild auch und gerade im Bühnentanz aufweicht.
Anschließend könnte man auf die Meerhexe in der „Kleinen Meerjungfrau“ (2005) von Neumeier verweisen, mit der sich die Travestie-Tradition im Ballett fortsetzt. Aber schon deren Beginn – etwa mit der bösen Madge von 1832 aus „La Sylphide“ – ist Elna Matamoros gänzlich unbekannt. Wie eben auch der meterlange Fischschwanz-Hosenrock, mit dem Neumeier seine Titelfigur der „Kleinen Meerjungfrau“ ausstattete.
Diversity gibt es im Buch denn auch deutlich weniger als faktisch auf den Ballettbühnen.
Vieles ist in diesem Buch also glatt verpennt worden!
Von intelligenten Thesen und ihren Beweisen ist der Band ebenfalls weit entfernt.
Nur einen Zweck hat das Buch schon hervorragend erfüllt: Es half den Autor:innen Volkmar Drager von „Danceforyou“ und Wiebke Hüster von der FAZ zu zeigen, wie wenig Ahnung sie vom Thema haben. Sie lobten nämlich unverdrossen, wie erhellend und interessant Matamoros‘ Band sei. Die Lücken im Kleiderschrank fielen ihnen nicht auf.
Da weiß man doch gleich wieder, warum man besser das Ballett-Journal lesen sollte!
Noch ein kurzes Fazit: Die Stärkes des Buches liegen in seinen Abbildungen und im Unterhaltungswert der Anekdoten, die es mitteilt.
Mehr darf man hier nicht erwarten, aber damit kann man auch schon happy werden:
Ein selten zu sehendes Foto, das Tamara Karsavina als Schwarzen Schwan im Glitzer-Tutu und mit Federschwanz auf dem Kopf zeigt, lohnt unbedingt die nähere Betrachtung.
Ebenso ein Standfoto in Pose von 1890 auf S. 232, das Enrico Cecchetti mit Varvara Nikitina zeigt, der hier ein weiterer Vorname („Vera“) verpasst wurde.
Demnach stand Cecchetti mit 40 Jahren wirklich noch auf der Bühne. Das Bild, von einem unbekannten Fotografen stammend, zeigt ihn im Kostüm des „Blauen Vogel“ aus „Dornröschen“, mit kurzen Hosen und einem seltsamen Schwanen-Blumen-Hut in Kronenformat auf dem Kopf, während seine Dame helle Federn auf der Frisur sowie am Tutu zur Schau trägt.
Wie es Cecchetti gelang, mit einem solchen Apparat auf dem Kopf und zudem im für einen Ballerino vorgerückten Alter leicht wie ein Vogel zu tanzen, wird wohl sein Geheimnis bleiben.
Aber er war für seine zackigen Batterie-Sprünge berühmt, also wird das Publikum seine Auftritte wohl genossen haben.
Die Innenseite heutiger Mieder vom Mariinsky Theater mit quer liegenden dicken Stoffnähten, die verhindern sollen, was George Balanchine einst forderte, nämlich, dass man die Rippenknochen sieht, ist ebenfalls sehr interessant erläutert.
Hier könnte man ein paar Sätze zum Magerkeitsideal in Kunst und Mode sagen – doch das verkneift sich Matamoros. Wollen wir es an ihrer Stelle machen: Gerade im Reigen der historischen Bilder muss man sich fragen, warum heute so viele Ballerinen gefährlich nah im Grenzbereich zum krankhaften Untergewicht tanzen müssen.
Menschen haben verschiedene Schönheitsarten, auch eine etwas fülligere Statur kann im Tanz großartige Wirkung haben. Darauf hätte Matamoros ruhig hinweisen können, wenn sie die Blüte des klassischen Balletts und die beginnende Moderne abhandelt und dort genügend Belege finden würde.
Immerhin wird von ihr gebührend betont, dass Gret Palucca (wie viele Ausdruckstänzer:innen) teilweise Masken in ihren Tänzen benutzte.
Woher Maskentänze rühren – nämlich aus schamanischen Zusammenhängen im asiatischen und auch afrikanischen Bereich – müssen wir uns aber mal wieder selbst denken.
Die Grazie und Expressivität, wie sie im Zeitalter der Ballets Russes von Serge Diaghilev erblühten, ist ebenfalls gut dokumentiert, und dabei wird etwa die Entwicklung von Georges Balanchines „Apollon Musagète“ vom etwas verrumpelten Dekorationsstück zur neoklassischen Puristik anschaulich nachgewiesen.
Tatsächlich blieb Balanchines Choreografie ja überwiegend gleich, aber die Ausstattung – nicht nur die Kostüme, auch das Bühnenbild – wurden so massiv geändert, dass man von einer ganz neuen Interpretation der choreografischen Arbeit sprechen kann.
Balanchine verdankte seinen griffigen Künstlernamen übrigens Serge Diaghilev, der großen Wert darauf legte, dass die Namen seiner Stars im westlichen Sprachraum leicht auszusprechen und für die Journalist:innen einfach zu schreiben waren (und man der Öffentlichkeit keine Zungenbrecher zumutete). Auch das erklärt Matamoros – gut für alle, die es noch nicht wussten.
Von der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart tippt sie an die meisten Choreografie-Stile nur ganz leicht mal eben an. Maurice Béjart, Roland Petit, John Cranko, MacMillan, Merce Cunningham, Pina Bausch, William Forsythe – sie alle sind gerade mal eben drin im Buch.
Alexei Ratmansky wird insofern seitenweise vorgestellt, als seine historische Rekonstruktion vom „Schwanensee“ in Zürich der Autorin offenbar räumlich besonders nahelag. Man merkt hier schon, dass Elna Matamoros seit einigen Jahren Dozentin an der Hochschule der Künste in Zürich ist. Dabei hätte die Inszenierung von Ratmansky das gar nicht nötig: Kostüme und Duktus sind märchenhaft klassisch.
Die „West Side Story“ mit ihrem scheinbaren Straßenrealismus fehlt dafür ebenso wie ein Kapitel, das Kostüme und Bühnenbilder in Beziehung setzt. Denn auch hier könnte man vermutlich viel entdecken.
Mit der neuen Ausstattung für „Mayerling“ von Kenneth MacMillan hat sich Jürgen Rose zudem erst 2019 beim Stuttgarter Ballett erneut als innovativer Kreativling bewährt, mit Kostümen, die historisches und persönliches Flair vereinen.
Hat Matamoros das in Zürich nicht mitbekommen? Zürich und Stuttgart liegen wirklich nicht allzu weit auseinander.
Beim Stuttgarter Ballett hätte die Autorin in jüngerer Zeit auch den „Boléro“ von Maurice Béjart finden können. Hierin triumphieren die nackten Oberkörper der Jungs, und vielleicht hätte das die Autorin darauf aufmerksam gemacht, dass es noch mehr gibt als Barock, Romantik und Ballets Russes einerseits und Ohad Naharin und William Forsythe andererseits.
All das dazwischen nun einfach auszulassen, aus welchen Gründen auch immer, ist ein unverzeihlicher Frevel beim Thema „Dance & Costumes“.
Da rettet dann auch die Vorstellung vom Plastik-Tutu aus William Forsythes „The vertiginous Thrill of Exactitude“ als ultimativ zeitgenössischem Kostüm nichts mehr.
Da wir aber gerade schon bei Neumeier und Rose waren: Im Dezember 2021 wird in Hamburg eine Neufassung von „Dornröschen“ durch John Neumeier premieren, und wer wird die mutmaßlich elegant-prächtigen und dennoch schalkhaften Kostüme ersinnen? Richtig: Jürgen Rose.
Die internationale Tanzwelt ist gespannt!
Jemand sollte ein Herz haben, Elna Matamoros aus ihrer Zürcher Ecke holen und ihr ein Ticket fürs Hamburg Ballett spendieren. Damit dann die zweite Auflage ihres Buches weniger mangelhaft ausfällt.
Gisela Sonnenburg
Elena Matamoros: „Dance & Costumes – A History of Dressing Movement”, Alexander Verlag, Berlin, 2021, 459 geb. Seiten, Einführungspreis 39,90 Euro (bis Ende 2021)
Und hier gibt es empfohlene Ergänzungslektüre:
https://ballett-journal.de/stuttgarter-ballett-juergen-rose-buch/