Rette sich, wer kann, nach Luxemburg! Nicht, um Steuern zu sparen, sondern um Ballett der höchsten Güteklasse zu genießen. Die Namen Lucia Lacarra und Marlon Dino, Marianela Nunez und Semyon Chudin, Vladimir Malakhov und Beatrice Knop, Natasha Kusch und Eno Peci, Iana Salenko, Dinu Tamazlacaru und Marian Walter lassen es in den Ohren klingen: Die „Gala des Étoiles“, die alljährlich im Grand Théatre Luxembourg bestgelaunt statt findet, vereint 2017 am 20. und 21. Mai etliche Spitzenkräfte großer Häuser. Vom Londoner Royal Ballet übers Berliner und Wiener Staatsballett bis zu Het Nationale Ballet, dem Moskauer Bolschoi sowie dem Sankt Petersburger Mikhailovsky Theater. Zwei Gala-Vorstellungen, jede über drei Stunden dauernd, und als Zulage Workshops (auch zum Zusehen), und zwar bei Sergey Ignatiev aus Wien und, olala, bei Superstar Vladimir Malakhov: Was will ein Ballettherz mehr?
Organisator Georges Rischette lässt es so richtig knallen.
Nostalgie und Freudentänze, Romantik und Virtuosität, hehre Klassik und sensationelle Moderne, delikate Raritäten und sogar eine Uraufführung: die beiden Gala-Termine strotzen nur so vor Brillanz und gut durchdachter Abenddramaturgie.
Gerade das Aufeinandertreffen von Ballettstars, die den verschiedensten Traditionen entstammen, macht diese Gala in Luxemburg so besonders.
Mit der tänzerischen Überfliegerin Marinuela Nunez konnte eine Top-Primaballerina gewonnen werden, die aktuell vom Londoner Royal Ballet aus die Welt erobert. Hier tanzt sie, zusammen mit dem alerten Alejandro Parente vom Teatro Colon Buenos Aires, ein exquisites Tango-Stück von Gustavo Mollajoli nach Musik von Astor Piazzola, dem König des Tango.
Und dann zeigt Marinuela Nunez ihre unnachahmlich spritzig-eleganten Wundersprünge aus dem „Don Quixote“-Grand Pas de deux, und zwar mit – bitte festhalten! – dem faszinierend geschmeidigen Semyon Chudin vom Moskauer Bolschoi als Partner. Wowowowow!
Dieser geballten Ladung aus vereinter Energie steht die stringent laszive Schönheit des Paares Lucia Lacarra und Marlon Dino vom Ballett Dortmund gegenüber. Eines der unumstritten besten Paare der jüngeren Tanzgeschichte überhaupt tritt damit auf!
Lucia und Marlon stehen für die Harmonie als Lebens- und Tanzprinzip per se, und mit „Light Rain“ (mehr darüber bitte hier: www.ballett-journal.de/bayerisches-staatsballett-lucia-lacarra-marlon-dino-interview-light-rain/ ), einem modernen und atemberaubenden Gala-Glanzstück, sowie mit einem melancholisch-sehnsüchtigen Pas de deux aus „Schwanensee“ im besten Klassik-Stil werden sie das Publikum mit Sicherheit hochgradig zu verzaubern wissen.
Das junge Paar Iana Salenko und Marian Walter aus Berlin zeigt mit der „Elegie der Herzen“ aber auch Sehenswertes: ein erregendes neues Stück von Raimondo Rebeck – zu Musik von Arvo Pärt. Wenn das nicht unter die Haut geht!
Die liebreizende Salenko begeistert zudem mit dem federleicht springenden Dinu Tamazlacaru – ein Paar wie ein Ausbund ätherischer Ästhetik – in „Chopiniana“ von Mikhail Fokine. Das außerhalb Russlands „Les Sylphides“ genannte Werk gilt als erstes sinfonisches Ballett der Tanzgeschichte, und es subsummiert vor allem die lyrische Kraft des Balletts.
Die wehmütig-sehnsüchtige Klaviermusik von Frédéric Chopin kommt in Luxemburg auch nicht etwa vom Band, sondern wird live vom versierten Pianisten Igor Zapravdin gespielt, der seit über 25 Jahren für das Wiener Staatsballett arbeitet. Er wird für so manch weiteren musikalischen Leckerbissen während der Luxemburger Gala-Abende sorgen… es werden eben alle Sinne hier verwöhnt.
Und aus Wien kommt auch der beliebte Solist Eno Peci, der, ebenfalls zu Musik von Chopin, als Choreograf mit „Opus 25“ die Welturaufführung des Gala-Programms beisteuert! Peci – wie Marlon Dino übrigens in Albanien geboren – tanzt seine Kreation selbst, zusammen mit der zauberhaften Maria Yakovleva, die, wie Marinuela Nunez, zu den absolut trendigen Starballerinen der internationalen Tanzszene gehört.
Zum Beweis, dass auch die Neoklassik längst nicht ihren Charme und ihre Magie verliert, tanzt die bildschöne Yakovleva zudem mit dem bravourösen Kavalier und Gentleman Marian Walter aus Berlin ein Stück Noblesse von George Balanchine: den „Tschaikowsky Pas de deux“. Welche Erhabenheit!
Und wo bleibt die dänische Romantik? Hier, bitteschön: Die hochgradig anmutige Natasha Kusch, derzeit beim Australian Ballet Melbourne, tanzt Augustes Bournonvilles „La Sylphide“, und zwar mit, oh ja, dem unschlagbar eleganten Semyon Chudin als ihrem James im Schottenrock. Was für eine Mischung weltweit gefeierter Euphorie!
Und das sind noch längst nicht alle Highlights und Special moments. So ist auch der mondäne Ivan Putrov vom Royal Ballet mit dabei, wie auch der extravagante Rémy Pagard aus Luxemburg – und die körperlich so eloquente wie erotische Anastasia Sinitsyna aus Sankt Petersburg.
Die auf ihre Art genauso außergewöhnliche Elena Bottaro aus Wien tanzt ebenfalls auf, wie auch der rasant-dynamische Cristiano Principato von Het Nationale Ballet aus Amsterdam. Die beiden bieten mit einem Auszug aus „La Fille du Pharaon“ eine sehr schmackhafte Delikatesse für alle Connaisseure historisch rekonstruierter Ballette.
Aber da fehlt doch noch wer bei diesem Spitzentreffen der Stars?
Vladimir „Vladi“ Malakhov, Berlins einstiger Starintendant und Starmacher (etwa als Entdecker von Polina Semionova), tanzt mit seiner früher so häufigen Tanzpartnerin Beatrice Knop aus Berlin das witzig-hintergründe Paarstück „The old Man and Me“ von Hans van Manen. Licht aus, Licht an, Licht aus, Licht an!
Wer sich an Malakhovs Abschiedsgala von Berlin 2014 erinnert, weiß: Damals waren Bea und Vladi auch in diesem Stück bereits ein Dreamteam. Im letzen Sommer tanzte Malakhov es dann mit Diana Vishneva – aber seine Interpretation mit La Knop hat so viel Charme und Charakter, dass echte Fans alles tun müssten, um diese Wiederkehr des ewig Guten nochmals zu sehen.
Der aufstrebende Schauspieler Brice Montagne wird jedenfalls alles tun, um auch seine Moderation dieser hochkarätigen Events unvergesslich zu machen.
Und wer es außerdem liebt zu sehen, wie Tänzer arbeiten, kann auch das genießen, denn es werden tagsüber zwei Open Masterclasses angeboten:
Sergey Ignatiev, Ballettmeister beim Wiener Staatsballett, unterrichtet klassisches Training in der lupenreinen Waganowa-Methode, und Vladimir Malakhov höchstselbst gibt eine seiner legendären Classes, in denen das fließende Port de bras, die gestochen scharfen Tendus und die hintergründige Référence sozusagen neu erfunden werden.
Wer nun keine glänzenden Augen bekommt, dem ist nicht mehr zu helfen. Alle anderen versuchen bitte ganz einfach ihr Kartenglück ( www.luxembourg-ticket.lu/fr/8/eid,10227/gala-des-%C9toiles-2017.html ).
Denn das Leben ist zu kurz, um immer „nein“ zu sagen!
Gisela Sonnenburg