Ballett und Benefiz Zum 15. Mal fand in Greifswald die jährliche Ballett-Benefiz-Gala statt: hochkarätige, internationale Kunst für einen guten lokalen Zweck. Ein Interview mit Ballettdirektor Ralf Dörnen

Ralf Dörnen, Ballettdirektor

Ralf Dörnen (li.), Ballettdirektor vom Ballett Vorpommern, ist hier bei einer Probe für sein Stück „verklärte nacht“ zu sehen. Foto: Jana Hallova

Vorab ein kleiner Wortwitz: Manchmal ergeben die willkürlich aneinander gereihten Titel von Ballettstücken, die auf einer Gala gezeigt wurden, unerwartet einen Sinn. Der hat dann zwar mit der Gala an sich nichts zu tun, darf aber dennoch Esprit verströmen. Im Fall der diesjährigen Greifswalder Ballett-Benefiz-Gala lässt sich folgendes Monologpuzzle basteln: „Hamlet, When I am laid in Earth, Make a Triangle!“ Genug der Scherze. Jetzt folgt das ernsthafte Interview:

Ballett-Journal: Sie hatten am Samstag eine große Ballett-Gala in Greifswald. Was war das Besondere daran?

Ralf Dörnen: Für mich war erstmal das Besondere, dass es die 15. Gala war! Wir haben es geschafft, sie seit 15 Jahren zu machen, einmal jährlich, immer im November. Da kommt jedes Mal ein sehr unterschiedliches Programm zusammen. Dieses Jahr wurden Stücke von William Forsythe und John Neumeier, von Adam Solka und Birgit Scherzer gezeigt, von Tarek Assam und Alister Noblet, von Hans Henning Paar und weiteren Choreografen – und natürlich auch von mir. Die großen deutschen Compagnien kommen gerne, auch ohne Honorar zu bekommen, weil es ein Benefiz ist. Toll für uns ist, dass man sich vergleichen kann. Toll für die Zuschauer ist, dass man einen Überblick bekommt über die gesamtdeutsche, auch internationale Tanzszene, über die verschiedenen Stilistiken und Bewegungssprachen.

Ballett-Journal: Welche Compagnien sind denn aufgetreten?

Ralf Dörnen: Das Ballett Vorpommern, also meine Truppe, und dann hatten wir Gäste aus Münster und Bremerhaven, vom Hamburg Ballett, aus Pforzheim, aus Trier, Hagen und Gießen, aus Stettin und Brünn und vom Semperoper Ballett in Dresden.

Ballett-Journal: Wie lange hat die Gala gedauert?

Ralf Dörnen: Dieses Jahr war sie relativ kurz, mit 3 Stunden. Die längste, die wir bisher hatten, dauerte 4,5 Stunden. Standing Ovations gab es aber auch dieses Mal wieder!

Ballett-Journal: Es war ja ein Benefiz…

Ralf Dörnen: Wir sind ein Stadttheater, und da möchten die Leute wissen, wohin ihr Geld fließt. Wir haben jedes Jahr andere Begünstigte. Dieses Mal war es das Behindertenforum Greifswald e. V., in dem sich mehrere Vereine zusammen geschlossen haben. Das ist sozusagen ein Überbau, für alle Leute in der Stadt, die Behinderten helfen. Wir wollen ja auch darauf aufmerksam machen, dass man etwas tun kann.

Ballett-Journal: Wie groß ist die Summe, die dank der Gala gespendet wird?

Ralf Dörnen: Das kann ich jetzt noch nicht genau sagen, erst in etwa zwei Wochen (Anmerkung der Red.: Die Zahl wird dann nachgetragen). Es wird eine hohe Summe in vierstelliger Höhe sein. Wir hatten das große Glück, dass alle Hotel-Übernachtungen gesponsert wurden. Wir müssen aber die Fahrtkosten der Künstler erstatten.

Ballett-Journal: Welchen Stellenwert hat so eine hochkarätige Gala in einer eher kleinen Stadt wie Greifswald?

Ralf Dörnen: Der Greifswalder Oberbürgermeister Arthur König, der Schirmherr unserer Gala ist, hat in seiner diesjährigen Begrüßungsrede betont, dass die Gala unbestritten eines der Kultur-Highlights hier ist.

Guter weißer Schwan

Das Ballett Hagen brillierte mit „Swans“ auf der diesjährigen Ballett-Benefiz-Gala in Greifswald. Schließlich sind Schwäne im Ballett wichtige Symboltiere: für das Schöne, Wahre, Edle. Foto: Ballett Hagen

Ballett-Journal: Da wird Ballett dann ohne Vorbehalte auch mal einfach angenommen. Etwas, womit sich die Bevölkerung ja teilweise noch immer sehr schwer tut.

Ralf Dörnen: Dabei ist Ballett gelebte Integration! Ich habe bei der Vorbereitung für meine Gala-Rede in unseren Archiven recherchiert. Dabei hat sich heraus gestellt: Wir hatten in den letzten 15 Jahren über 500 Tänzer aus mindestens 35 Nationen hier. Überhaupt ist Ballett ein internationales Miteinander, das macht ja auch nie Probleme, niemand hinterfragt das. Es gibt da auch keine Rangordnung der Staaten, niemand würde das wollen.

Ballett-Journal: Nur die Frage nach der jeweiligen Hautfarbe ist für manche Tänzer ein Problem, oder? Sie selbst haben in Hamburg bei John Neumeier mit schwarzem Make-up am Körper den „Wilden Krieger“ in „Othello“ getanzt. International gesehen, gibt es aber nicht nur wenige Rollen für Schwarze, sondern die meisten Compagnien haben auch gar keine oder nur wenige dunkelhäutige Tänzer. Da scheint eine Art ungeschriebene Apartheid zu herrschen.

Ralf Dörnen: Also, ich kann das so nicht bestätigen. Es bewerben sich allerdings kaum dunkelhäutige Tänzer, jedenfalls bei mir nicht. Dabei wäre die Hautfarbe hier am Theater kein Thema, wirklich nicht.

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Ballett-Journal: Nun fand die Ballett-Benefiz-Gala zu Gunsten von Behinderten statt. Welche Beziehung haben Tänzer, diese Körperkünstler und Selbstbeherrscher, zu Behinderten? Versteht man sich vielleicht gerade gut, weil beide Gruppen nicht „normal“ im Sinne von „durchschnittlich“ sind?

Ralf Dörnen: Ich glaube, das kann man so nicht sagen. Wir hatten ein Stück aus Trier dabei, das von einem Tänzer – von Alister Noblet – über den behinderten Bruder einer Tänzerin choreografiert wurde. Das passte natürlich gut. Sonst wird sich aber eher wenig mit diesem Thema auseinander gesetzt.

Ballett-Journal: Wie reagieren Behinderte als Ballett-Publikum?

Ralf Dörnen: Mir wurde berichtet, dass sie überhaupt nicht abgelenkt waren, sondern sehr aufmerksam dabei waren.

Ballett-Journal: Es wird ja auch beobachtet, dass zum Beispiel autistische Kinder sehr positiv auf die heilsamen Energien von Ballett reagieren.

Ralf Dörnen: Ich kann mir das gut vorstellen, denn Ballett hat viel mit harmonischer Musik zu tun und funktioniert zudem über das Gefühl, nicht allein über den Kopf. Ballett ist eine der direktesten Kunstarten, es trifft einen unmittelbar, auch emotional.

Ralf Dörnen Ballettdirektor Ballett Vorpommern

Ralf Dörnen, Ballettdirektor vom Ballett Vorpommern, organisiert einmal jährlich die große Ballett-Benefiz-Gala in Greifswald. Bravo! Foto: Mario Perricone

Ballett-Journal: Werden Sie nächstes Jahr wieder eine Ballett-Gala machen?

Ralf Dörnen: Aber sicherlich! Eine kommende Premiere haben wir auch: am 31. Januar 2015, „Anna Karenina“, nach dem Roman von Leo Tolstoi.
Gespräch: Gisela Sonnenburg

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