Tänzerische Gebete Gisela Sonnenburg kreierte vier Soli für Laura Tiffany Schmid, die am kommenden Wochenende in Sankt Ludwig und Sankt Joseph in München gezeigt werden

Tanz von Gisela Sonnenburg mit Laura Tiffany Schmid in Sankt Ludwig und Sankt Joseph

Tanzen ist auch eine Art zu beten: Laura Tiffany Schmid, hier auf einem Foto von Caroline Martin zu sehen, wird am kommenden Wochenende insgesamt vier Choreografien von Gisela Sonnenburg tanzen. Gläubige und Tanzverliebte, kommt und benehmt euch gut! 

Beten – ja. Aber ohne Tanz? „Ich lobe den Tanz. O Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel nichts mit dir anzufangen!“ Das stammt von Augustinus, dem klugen Heiligen, der um 400 n. Chr. als römischer Bischof lebte und als einer der Kirchenväter gilt. Sein Credo: „Wer Augen hat zu sehen, der sehe! Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ Für die Lehre der Interpretation, also die Hermeneutik, ist Augustinus damit bis heute unabdingbar. Eine andere Weisheit stammt von dem Religionsphilosophen Romano Guardini, der das Mittelalter (welches stark von Augustinus geprägt war) liebte und dennoch bis zu seinem Tod 1968 ganz gegenwärtig moralisch dachte und handelte: „Die kleinsten Kräfte sind es, die das Leben tragen.“ In diesem Sinne lobte Guardini auch das, was wir heute kulturelles  Crossover nennen: „Das ist der Gastfreundschaft tiefster Sinn, dass einer dem anderen Rast gebe auf dem Weg nach dem ewigen Zuhause.“ In diesem Fall bietet die katholische Gemeinde in der Maxvorstadt im Zentrum von München dem Tanz eine Heimstatt. Laura Tiffany Schmid, Münchner Ballerina, wird zu live gespielten Musiken von der Orgel und dem Piano insgesamt vier Soli tanzen, die Gisela Sonnenburg, Leiterin des Berliner Ballett-Journal, choreografierte. An zwei Abenden, am Samstag, dem 20.3.21, und am Sonntag, dem 21.3.21, wird solchermaßen in Sankt Ludwig, der einst von Romano Guardini geleiteten Universitätskirche, sowie in Sankt Joseph, dem am Josephsplatz gelegenen Gotteshaus, mit musikalischen Andachten gebetet: eine so ungewöhnliche wie schöne Art und Weise, Gemeinschaft zu zelebrieren.

Vor einem Jahr, am 13.03.20, schlossen in Deutschland die Theater, auch die Opernhäuser, und von wenigen Wochen im August, September und Oktober abgesehen, blieben sie für ihre Anhänger verschlossen.

Kunst und Kultur gehören aber für viele gebildete Zeitgenossen zum Leben, zur Zivilisation, auch zur christlichen Religion und zu diesem Abendland schlicht dazu.

Pfarrer Markus Gottswinter, dem die Katholische Kirchenstiftung St. Ludwig obliegt, fördert in seinem Wirkungskreis die Kultur nach allen Kräften.

Tanz von Gisela Sonnenburg mit Laura Tiffany Schmid in Sankt Ludwig und Sankt Joseph

Pfarrer Markus Gottswinter wird Textimpulse geben: bei der Musikalischen Abendandacht in Sankt Ludwig am Samstag ebenso wie bei der Musikalischen Andacht in Sankt Joseph am Sonntag. Foto: PR

Zudem gehört das Andenken an Romano Guardini, den eingangs zitierten Gelehrten und Münchner Universitätspfarrer, zu den Aufgaben der Gemeinde.

Und Guardini setzte sich nicht nur für die Belange der Jugend ein, sondern er sagte auch: „Die Schönheit ist ein Letztes, das die Wahrheit sowohl wie die Güte voraussetzt.“

Diesem Credo ist die Kunst des Tanzes ebenfalls verpflichtet.

Wie auch die der Musik!

So gibt es regelmäßig musikalische Andachten in den beiden Kirchen Sankt Ludwig und Sankt Joseph, und auf meine Anfrage, ob diese nicht auch mit Tanz denkbar seien, antwortete der Herr Pfarrer Gottswinter mit der ihm eigenen, nachgerade erleuchteten entschiedenen positiven Haltung.

Nach knapp vier Wochen Probenzeit wird es nun, am vorletzten Wochenende der Fastenzeit soweit sein:

Die Musikalische Abendandacht in Sankt Ludwig (Ludwigstraße 22, 80539 München, U-Bhf. Universität) beginnt am Samstag, 20.3.21, um 18.45 Uhr (im Anschluss an die Vorabendmesse, deren Beginn ist 18 Uhr) .

Das Programm ist der aktuellen gesellschaftlichen Situation gewidmet und zeigt jeweils drei tänzerische Gebete, die den Kampf mit Krisen und Verlusten, aber auch die Hoffnung, die Sehnsucht und den Segen zum Thema haben.

Inniges Beten gehört dazu, ebenso wie das Ringen mit Widerständen.

Tanz von Gisela Sonnenburg mit Laura Tiffany Schmid in Sankt Ludwig und Sankt Joseph

Stephan Heuberger, Pianist und Organist, ist einer der wenigen echten Experten für die Kompositionen von Olivier Messiaen. Er wird in Sankt Ludwig live spielen. Foto: PR

Und weil der Kirchenmusiker Stephan Heuberger ein hervorragender Pianist und Organist ist und zudem einer der wenigen echten Experten für die Kompositionen von Olivier Messiaen,  wird zum Abschluss in Sankt Ludwig nach zwei Stücken mit Beethoven und Pachelbel auch der Moderne gehuldigt: mit „Jesus accepte la Souffrance“ („Jesus akzeptiert das Leiden“) und einem Auftritt, der an die Sci-Fi-Visionen der 70er-Jahre erinnert.

Laura Tiffany Schmid, die bildschöne, hoch gewachsene und mit natürlicher Eleganz gesegnete Münchner Tänzerin, die 2009 als damalige Studentin der Münchner Ballett-Akademie beim Berliner Tanzolymp in der Abteilung Modern Dance gewann und auch schon beim Bayerischen Staatsballett tanzte, wird die Tänze, die mit ihr kreiert wurden, uraufführen.

Ihre Weichheit, aber auch ihre Würde, ihre Anmut wie auch ihre Geschmeidigkeit übersetzen die Gefühle und Gedanken meiner Choreografien in stark getanzten Ausdruck.

Tanz von Gisela Sonnenburg mit Laura Tiffany Schmid in Sankt Ludwig und Sankt Joseph

Laura Tiffany Schmidt, die renommierte Münchner Tänzerin, beim Modern Dance mit einem Probenkostüm in einer schönen Pose, fotografisch eingefangen von Caroline Martin.

Die Tanzkompositionen haben folgende Titel:

Mit Mondlicht im Herzen“ („Mondschein-Sonate“, Ludwig van Beethoven, erster Satz: Adagio)

Traum der Rettung“ („Ciacona in f-moll“, Johann Pachelbel)

Schicksal und Vergebung“ („Jesus accepte la Souffrance“, Olivier Messiaen)

Ergänzend zu diesen Soli kommen gelesene Textimpulse vom Pfarrer Markus Gottswinter, die auf die Inspiration der Tänze vor allem durch den Psalm 22 hinweisen.

Tanz von Gisela Sonnenburg mit Laura Tiffany Schmid in Sankt Ludwig und Sankt Joseph

Gisela Sonnenburg, Gründerin vom Ballett-Journal, ist seit einigen Jahren auch als Choreografin tätig. Foto: PR

Dieser beginnt mit der Klage von Jesus am Kreuz: „Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen…“ Dem seelischen, aber auch körperlichen Schmerz, der im Psalm so drastisch wie mentale Folter geschildert wird, folgen die Hoffnung und die Gewissheit, dass das Gute siegen wird.

An einer Stelle heißt es:

„Gewaltige Stiere haben mich umgeben, mächtige Büffel haben mich umringt. Ihren Rachen sperren sie gegen mich auf wie ein brüllender und reißender Löwe. Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, alle meine Gebeine haben sich zertrennt; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs.“ (aus: Psalm 22, frei nach Luther)

Der wortmächtige Psalm wird bei den musikalischen Andachten in der Übersetzung von Romano Guardini zu hören sein – schon das lohnt das Erscheinen.

Am Sonntag, dem 21.3.21, geht es in Sankt Joseph (Josephsplatz 1, 80798 München, U-Bhf. Josephsplatz) weiter, um 18.15 Uhr – dieses Mal vor der Abendmesse, die um 19 Uhr beginnt.

Tanz von Gisela Sonnenburg mit Laura Tiffany Schmid in Sankt Ludwig und Sankt Joseph

Barbara Scherbel ist eine virtuose Konzertpianistin und wird am Sonntagabend live in Sankt Joseph Werke von Beethoven und Chopin spielen. Foto: PR

Barbara Scherbel am Piano und Thomas Scherbel an der Orgel werden die hochkarätige musikalische Begleitung leisten, Pfarrer Markus Gottswinter wieder die inspirierenden Textimpulse geben.

Tanz von Gisela Sonnenburg mit Laura Tiffany Schmid in Sankt Ludwig und Sankt Joseph

Thomas Scherbel, der fabelhafte Organist in Sankt Joseph, wird am Sonntagabend die Ciacona in f-moll von Johann Pachelbel live spielen. Foto: PR

Die beiden ersten Soli entsprechen dem Programm am Samstagabend. Aber das dritte Stück dieser kleinen „Triple Bill“ weist auf ein anderes Ende. Es heißt:

Du bist immer da“, und die Musik stammt mit dem „Nocturne Nr. 55“ von Frédéric Chopin.

Es geht darum, den richtigen Weg zu suchen und zu finden, Gott in seinen Alltag mitzunehmen, sich beschützt zu fühlen und trotzdem eigenständig zu handeln.
Gisela Sonnenburg

Bitte beachten Sie die Corona-Schutzmaßnahmen, die Sie auch auf den Homepages der beiden Kirchen finden: Maske und Distanz sind angesagt!

www.st-ludwig-muenchen.de

www.st-joseph-muenchen.de

 

 

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