Er hat dieses Grand jeté, diesen vorwärts gesprungenen Spagat, der unverkennbar aus Paris stammt: Raphaël Coumes-Marquet ist ein außerordentlich männlicher Tänzer, mit einer Dynamik und einer Linienführung, wie sie erstens selten sind und zweitens typisch für die Großen, die die Ballettschule der Pariser Oper hervorzubringen weiß. Raphaël erinnert hierin an Nicolas Le Riche, der auch diesen Spagat mit dieser markanten, „fliegenden“ Linie in der Luft hatte. Nicolas nahm seinen Bühnenabschied vor einigen Monaten in Paris – jetzt ist es an Raphaël, den Schritt von der Bühne hinter die Kulissen zu wagen. Heute abend tanzt er letztmalig den Albrecht in David Dawsons Version von „Giselle“ – eine Rolle, die ihm 2008 auf den schönen, muskulösen Leib kreiert wurde.
Als Albrecht verkennt der gebürtige Franzose zunächst, was wahre Liebe ist – und muss dafür bitter sühnen. Als Tänzer hat sich Raphaël Coumes-Marquet dergleichen nicht vorzuwerfen: In Monaco, Wien, Amsterdam und seit 2006 in Dresden tanzt er, was das Zeug hält.
Sein edel-furioser Stil bleibt dem Semperoper Ballett und seinem Publikum aber erhalten: Er wechselt kommende Saison in die Reihe der Ballettmeister und wird so die Tänzerinnen und Tänzer prägen. Als Coach verdiente er sich bereits in der Inszenierung von „Tristan + Isolde“ von David Dawson in Dresden beste Meriten.
Heute abend werden Blumen seinen Weg von der Bühne säumen. Wir wünschen: Ganz viel Spaß und Rührung – und alles Gute für den Neuanfang kommende Saison!
Gisela Sonnenburg
„Giselle“ heute abend, 19 Uhr, in der Dresdner Semperoper
Texte mit Fotos zu Dawsons „Giselle“ finden Sie unter „Semperoper Ballett“