Das geliebte Liebespaar Das Ballett Dortmund studiert „Romeo und Julia“ in der Version von Jean-Christophe Maillot ein

"Romeo und Julia" von Jean-Christophe Maillot

Zu Beginn träumt er noch von der Liebe, die ihn jedoch bald sein Leben kosten wird: Romeo (Filipo Kvacák) im Ballettsaal vom Ballett Dortmund. Videostill: Gisela Sonnenburg

Es gibt so viele Versionen dieses großen Handlungsballetts aus dem 20. Jahrhundert! „Romeo und Julia“, sie sind Lieblinge und sogar das am meisten geliebte Liebespaar sowohl des Sprechtheaters als auch des Tanzes. Mit der Musik von Sergej Prokofjew bietet sich allemal ein ergreifendes abendfüllendes Erlebnis. Die weltbesten und bekanntesten Ballett-Versionen sind jene von Kenneth MacMillan und John Cranko, von Yuri Grigorovich und John Neumeier. In letzterer sollte 1983 beim Hamburg Ballett der damalige Ballerino Jean-Christophe Maillot als Romeo debütieren. Aber vor der Premiere verunfallte er bei Proben, verletzte sich das Knie – und musste nicht nur die Rolle des bekanntesten Liebhabers der Welt, sondern auch den Beruf des Tänzers aufgeben. Glück im Unglück: Er fand zu seiner choreografischen Berufung – und erhielt auch gleich den Posten einer  Ballettdirektion im französischen Tours. Zwölf Jahre später rief ihn die prominente Hoheit namens Prinzessin Caroline in seine Lebensstellung: als Künstlerischer Direktor von Les Ballets de Monte Carlo. Wiederum drei Jahre später, also 1996, kreierte er eine modern-zeitlose, vor allem elegant-spritzig wirkende Fassung von „Romeo und Julia“. Bei der heutigen Matinee stellte das Ballett Dortmund diese mit der Gastdramaturgin Caecilia Brenninkmeyer und den beiden einstudierenden Gast-Coachs Bruno Roque Ferreira und George Austen Oliveira im Ballett-Zentrum vor – online ist diese Ballettwerkstatt noch eine Woche lang zu sehen.

Verspielt, kokett, erotisch, manchmal neckisch, manchmal lasziv, aber immer hoch elegant, wie es sich für die Neoklassik, gepaart mit Jazz Dance, gehört: Das ist der choreografische Stil von Jean-Christophe Maillot, und genau so wird das Publikum seine „Romeo“-Version in Dortmund auch erleben. Die Kostüme und das Bühnenbild – alles in Weißtönen gehalten – sind puristisch und betonen den Tanz.

"Romeo und Julia" von Jean-Christophe Maillot

Ein spröder, aber expressiver Pas de deux: Julia (Sae Tamura) mit dem Tänzer des Pater Lorenzo auf der Matinee beim Ballett Dortmund. Videostill: Gisela Sonnenburg

Mit Filip Kvacák, der aus der Slowakei stammt und unter anderem an der Akademie des klassischen Tanzes „Princesse Grace“ in Monaco ausgebildet wurde, und Sae Tamura, die aus Japan kommt und an der Ballettschule der Wiener Staatsoper ausgebildet wurde, gibt es zwei junge, hoch motivierte Hauptdarsteller.

Toll bei den Proben aber auch: Isabelle Maia, in Brasilien geboren und über das Elevenprogramm der Palucca Hochschule für Tanz in Dresden nach Deutschland gekommen. Sie tanzt, obwohl ihre Quirligkeit und ihr Flair sie auch als Julia prädestinieren, in der Premierenbesetzung die Mutter von Julia: ein  ungewöhnlich charismatischer Cast für diese Partie, die hier zudem alles andere als eine Schreitrolle ist.

"Romeo und Julia" von Jean-Christophe Maillot

Julia (Sae Tamura) im Kampftanz mit ihrer Mutter (Isabelle Maia). Ein spannendes Frauenduett in „Romeo und Julia“ von Jean-Christophe Maillot beim Ballett Dortmund auf der Matinee-Probe. Videostill: Gisela Sonnenburg

Die tragische Story der Teenager, die sich ineinander verlieben, obwohl ihre Familien gegeneinander Krieg führen, ist hier in einer fiktiven Sphäre angesiedelt, die mit einem historischen Renaissance-Verona nichts mehr zu tun hat. Aber die Rolle des Pater Lorenzo, der die beiden Liebenden heimlich traut, mausert sich zu einer Art tänzerischen Berichterstatters. Wenn das sein dramatischer Erfinder William Shakespeare geahnt hätte!

"Romeo und Julia" von Jean-Christophe Maillot

Kein Trio, sondern ein Pas de deux von Julia und Pater Lorenzo in „Romeo und Julia“ von Jean-Christophe Maillot, hier auf der Matinee von Ballettmeister Bruno Roque Ferreira (rechts) gecoacht. Videostill: Gisela Sonnenburg

Man darf also sehr gespannt sein auf die Premiere am 15. Oktober 22 im Opernhaus Dortmund. Noch gibt es Tickets!
Gisela Sonnenburg

www.theaterdo.de

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