Frivolitäten Scharf und sarkastisch: Giorgio Madias „Don Juan“ in der Komischen Oper Berlin vom Staatsballett Berlin

Don Juan

Leonard Jakovina verführt sie alle… „Don Juan“ in der Komischen Oper vom Staatsballett Berlin. Foto: Yan Revazov

Hier geht es nicht um Tiefsinnigkeit. Hier geht es ums Wesentliche, würden Sexisten sagen. Jedenfalls um Frivolitäten, um die Reize des Sexus, und der Schwerenöter, der hier im Zentrum steht, heißt „Don Juan“ – er ist im Kulturzirkus wohl bekannt!

Opern, Filme, Romane, Theaterstücke und natürlich diverse Ballette ranken sich um den sagenhaften spanischen Verführer, der – darin seinem italienischen Pendant Casanova ähnlich – unwiderstehlich verführerisch sein soll. Der für schmissige Shows begabte, an der Ballettschule der Mailänder Scala fürs Tanzen ausgebildete Choreograf Giorgio Madia hat dem Berliner Staatsballett einen krass für Erwachsene ausgelegten Hauptstadtverführer übergeben, der an Deftigkeit und Equipment-Freude nichts zu wünschen übrig lässt. Aber bitte vorsichtig sein mit dem Nachahmen, es herrscht Desensibilisierungsgefahr!

Dennoch spricht Madia eine sehr heutige körperliche Sprache, und ob rosa Penisse aus Plastik nun schick oder eher zwecklos sind (zumal, wenn sie aufs Kostüm genäht sind und aus Damen Zwitter machen sollen), darüber lässt sich ja auch köstlich streiten.

Don Juan alias Leonard Jakovina

Zuviel Sex kann tödlich enden… „Don Juan“ in der Komischen Oper, getanzt vom Berliner Staatsballett. Foto: Yan Revazov

Regelmäßig begeistert der charmant-begabte Tänzer Leonard Jakovina in der Titelrolle. Er schenkte schon dem Fürsten Gremin in John Crankos „Onegin“ die Anmutung von wahrhaftiger Liebesfähigkeit, die er jetzt, als Mega-Turbo-Verführer, zur torpedohaften Liebesmanie ausgebaut hat. Wow. Seine Mitstreiter Vladislav Marinov, Michael Banzhaf und Elena Pris ziehen denn auch gern mit ihm an einem Strang – und tanzen diese Klamotte so engagiert, als sei sie weniger Kabarett und dafür mehr hochedle Kunst.

Noblesse ade, willkommen, Oberflächlichkeit! Wem der Weihnachtsmarktstrubel zu bunt geworden ist, findet hier ein faustdickes Äquivalent. Auf die Plätze mit Gebrüll, die Tickets sind heiß begehrt – und die barocke Musik von Christoph Willibald Gluck kann daran überhaupt nichts ändern. Denn so schlimm ist Barock im Kontext von „Sex pur“ ja wirklich nicht, oder, ihr Puristen?
Gisela Sonnenburg

Wieder am 9. und 29.12. sowie am 8.1. in der Komischen Oper Berlin

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