Er begann das musikalische Studium 1934 mit einer Sondererlaubnis, als gerade mal Neunjähriger: Aldo Ciccolini, aus ärmlichen Verhältnissen stammend, wurde am Konservatorium Neapel wortwörtlich auf dem Klavierhocker erwachsen. Solchen früh zu erkennenden Talenten wie ihm gewährte man früher ja des öfteren in allen Bereichen der Künste eine Freistellung von der heute zumeist dominierenden Pflicht zum Abitur.
Mit 16 Jahren war Ciccolini ein ausgereiftes Wunderkind, ernährte mit seinen Auftritten – unter anderem in Bars – auch seine Familie. Mehr als Italien liebte ihn jedoch das weiter nordwestlich gelegene Frankreich: Dort gewann Ciccolini Preise und unterrichtete am Pariser Konservatorium.
Und nicht etwa der Glanz der ganz großen Superkarriere, sondern das bescheidene, redliche, tägliche Wirken im international ausgerichteten Kosmos der Klassik interessierte ihn. Er war ein leidenschaftlicher Pädagoge und Helfershelfer für andere Talente – was diese ihm mit höchstem Respekt vergolten.
Wenn Aldo Ciccolini aber selbst mal als Konzert- oder Begleitpianist auftrat, so war das immer etwas sehr Besonderes – und für den Meisterpianisten eine weitere Erfahrung, die er gemacht hat, um sie an seine Studenten weiter zu geben.
Anlässlich seines Todes am 1. Februar ist nun, in Erinnerung an diesen ungewöhnlichen Meister der praktizierten Musik, das Jubiläumskonzert vom Festival La Roque d’Anthéron (2010) zu seinem 85. Geburtstag zu genießen: wie alles dort freundlicherweise kostenlos auf concert.arte.tv, und zwar noch bis zum 10. März.
Und man staunt: Im schwarzen Stehkragenhemd und ganz in sich gekehrt, spielt Ciccolini schmissig, aber dennoch wie hauchfein ziseliert, Ludwig van Beethoven – und mit gefühliger, der Romantik angemessener Innigkeit interpretiert er das Klavierkonzert von Schumann. Schon beim Zuhören kann man davon viel lernen, nicht nur als Klavierspieler… Auf bald, Ciccolini!
Gisela Sonnenburg
concert.arte.tv/de/aldo-ciccolini-michiyoshi-inoue-beim-festival-la-roque-dantheron
(bis 10. März)