Euphorie, Ekstase und Erleuchtung Das Alvin Ailey American Dance Theater zeigt auf seiner Sommer-Tournee zwei neue Programme

Das Alvin Ailey American Dance Theater ist wieder auf Tournee

Große Sprünge, beseelt vom Bewusstsein des Anti-Rassismus: Das Alvin Ailey Dance Theater tanzt im Juli und August 2017 wieder in Deutschland! Foto: P. Kolnik

Donald Trump kann froh sein, dass es das noch gibt: echte US-amerikanische Kultur mit afroamerikanischem Impetus, etwas, das es so nirgendwo sonst gibt, und das darum auch einer der größten kulturellen Exportschlager Amerikas ist. 25 Millionen Zuschauer in 71 Ländern haben das Alvin Ailey American Dance Theater (AAADT) schon gesehen und bejubelt – und nach sechs Jahren Abwesenheit tourt die renommierte Truppe jetzt mit gleich zwei neuen Programmen wieder durch zwei deutschsprachige Länder. Mit Robert Battle hat das AAADT seither einen neuen künstlerischen Leiter, der das Niveau der Tänzer spürbar anhob: Er bewahrt mit dem Ensemble die Tradition, geht aber auch neue Wege.

Die Musik schmeichelt dem Ohr, und der Tanz bezaubert die Sinne:

Die „Piazzolla Caldera“, die Paul Taylor in den 90er Jahren choreografierte, heißt nicht nur wie ein Vulkankrater, sondern sie hat das brodelnde Temperament des Tango und des Flirts in jedem Schritt sozusagen kondensiert. Musik von Astor Piazzolla, der den Tango mit Intellekt und neuem Gefühl versah, wird hier aufgespielt – und die Paare und Solisten, die sich dazu drehen, um ihr Leben zu wenden, bilden eine Gesellschaft ab, die am Abgrund tanzt. Zwei Männer verfallen in einen grotesk-obskuren Tanz, so obskur, wie es der Tango war, als er in den Kaschemmen der Hafenarbeiter in Buenos Aires erfunden wurde.

Welche Euphorie der Tanz bedeuten kann! Und welche Passion…

Am Ende aber zeigt sich eine Frau am stärksten – sie ist das Sinnbild der Schönheit, des Sexappeals und der Integrität, für die der Tango steht.

Leidenschaft in Anna Karenina

Sie stehen für lebendige Show mit Geschichten, die das Publikum glücklich machen: Die Tänzerinnen und Tänzer vom Alvin Ailey American Dance Theater sind im Juli und August 2017 in Basel und in Deutschland. Schnell hier Tickets sichern: www.bb-promotion.com/veranstaltungen/alvin-ailey-american-dance-theater/ Foto: Annonce / BB Promotion

So beginnt das erste neue Programm, das die Zuschauer in Basel, Mannheim, Hamburg und Frankfurt sehen werden.

Wer sich zudem mit dem Musical „Tanguera“ (www.ballett-journal.de/musical-tanguera-tango/) beschäftigt, wird hier einen schönen Appetitmacher serviert bekommen!

Aber es geht schwungvoll weiter beim AAADT, denn der Tango, gemischt mit Modern Dance Elementen, ist noch längst nicht alles, was das rund 30-köpfige Ensemble drauf hat.

Open Door“ ist das zweite Stück des vierteiligen Abends, und es stammt von 2015. Ronald K. Brown hat es kreiert – und in seiner schwelgerischen Eleganz erinnert es an den Stil von Jerome Robbins. Die Musik ist jazzy, der Tanz betont rhythmisch. Lässigkeit, Fröhlichkeit, Lebenslust tanzen hier auf!

Paar- und Ensembleszenen illustrieren das lockere Zusammenkommen von Menschen, die den Swing im Körper haben. Tatsächlich war Kuba die ausschlaggebende Inspiration für dieses Stück: nicht von ungefähr mischen sich immer wieder Salsa-Elemente in die Choreografie.

„Takademe“ hingegen ist ein furioses Fünf-Minuten-Solo für einen Tänzer in roter Hose: Er braucht keine Melodie und auch kein Schlagzeug, um so richtig in Fahrt zu kommen.

Indischer Silbengesang, a capella geboten, klingt wie ein lautmalerisch gerufenes Credo. Und liefert hier die Klangkulisse.

Das Alvin Ailey American Dance Theater ist wieder auf Tournee

Robert Battle erzählt in einem Video auf youtube, wie er zum Tanz und zu Alvin Ailey kam. Faksimile: Gisela Sonnenburg

Tänzerisch ist es ein Aufbegehren gegen Enge: Robert Battle, der künstlerische Leiter vom AAADT, schuf „Takademe“, als er selbst noch Tänzer war: in einem kleinen Wohnzimmer in Queens. Damals litt er unter den beengten Verhältnissen, unter denen er leben und arbeiten musste. Beim Alvin Ailey American Dance Theater konnte er sein Solo dann ins große Tanzstudio übertragen und dort überarbeiten. Die Freude über den gewonnenen Platz wurde Teil des Stücks…

Schließlich folgt mit „Revelations“ eine Art Visitenkarte des AAADT.

Company-Gründer Alvin Ailey (1931 – 1989) choreografierte diese getanzte Geschichte afroamerikanischer Tanzkultur in den Südstaaten bereits 1960. Und wen Gospel und Spirituals als akustische Begleitung nicht schrecken, der hat hier ein Highlight aus graziösen, religiös-christlich inspirierten, mitreißenden Bühnentänzen vor sich.

Rüschenröcke und Sonnenschirme in den hellen, dennoch kräftigen Farben des amerikanischen Südens betonen die Inbrunst, um die es hier geht, ein Gefühl, das von innen nach außen drängt.

Insofern ist das hier afroamerikanisches Kulturgut vom Feinsten!

Ailey stammte ja selbst aus Texas und hat hier Kindheitserinnerungen etwa an die Chöre und Gemeindesgottesdienste seiner Jugendtage verarbeitet. Außerdem nutzt er hier die Tanztechnik, die er als Jugendlicher zuerst lernte, es ist die von Lester Horton.

Das Alvin Ailey American Dance Theater ist wieder auf Tournee

Das Miteinander wird hier groß geschrieben: wenn das AAADT zu seinen Freudensprüngen anhebt. Foto: Andrew Eccles

Hortons moderne Technik ist auch in der Ballettschule des Hamburg Ballett – John Neumeier fester Bestandteil des Unterrichts und der Ausbildung. Man könnte sie als einwärts gerichtetes, modernisiertes Anti-Ballett-Training bezeichnen. Aber Parallelen zum klassischen Training sind unübersehbar vorhanden, weshalb sich die Horton-Technik so hervorragend als Ergänzung eignet.

Hier ist Hortons Bewegungskanon der Ausgangspunkt für die choreografischen Fantasien von Alvin Ailey. Zwei Jahre, bevor er „Relevations“ schuf, gelang ihm die Gründung seiner eigenen Truppe.

März 1958. New York, 92nd Street. Alvin Ailey und eine Handvoll tänzerische Gefährten, wie er von dunkler Hautfarbe, legten eine derart rasante, faszinierende Vorstellung hin, dass es daraufhin gelang, eine Compagnie zu gründen und zu finanzieren.

Ailey wollte damit erreichen, dass die schwarze Kultur fester Bestandteil des gesamten US-amerikanischen Bewusstseins wird. Er hat dafür getan, was er konnte – und die Tänzerinnen und Tänzer seiner Compagnie arbeiten unaufhörlich weiter an einem menschlichen Tanz, der ein anmutiges Bollwerk gegen Rassismus ist.

Donald Trump hat wirklich Glück, das auch in seiner Regierungszeit solche Künstler für Amerika stehen.

Revelations“ wird darum auch im zweiten Programm, das im August in Köln und München zu sehen sein wird, gezeigt.

Auch „Takademe“ ist Bestandteil dieses Programms, kombiniert mit zwei weiteren jüngeren Arbeiten:

Four Corners“ von Ronald K. Brown feiert in Köln seine Deutschlandpremiere. Das Stück stammt von 2013 und atmet den Geist schamanischer Beschwörung, gepaart mit einer christlich inspirierten Vision. Vier Engel halten demnach die vier Weltenwinde in vier Ecken fest, sodass Frieden einkehren kann. Elf TänzerInnen suchen in diesem glücksverheißenden Raum ihr Heil…

Das Alvin Ailey American Dance Theater ist wieder auf Tournee

Synchron, glücklich, schön, schwarz – und mit diesem ganz besonderen Ausdruck der Erleuchtung: unverkennbar springt hier das Alvin Ailey American Dance Theater. Foto: Andrew Eccles

Und noch ein neues Stück gibt es zu sehen: „Exodus“ von Rennie Harris stammt von 2015. Harris, der unter anderem in Harvard unterrichtet, meint: „Hip-Hop ist eine Feier des Lebens“.

Schräg, schrill, modern bohren sich hier denn auch die Rhythmen ins Bewusstsein, und eine große Schar Tänzerinnen und Tänzer steigert sich gemeinsam in zwanzig Minuten Show zu einer Ekstase.

Der Exodus aus dem Titel soll der Austritt des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Bequemlichkeit sein – hin zu Erleuchtung und Aktivität.
Gisela Sonnenburg

www.bb-promotion.com/veranstaltungen/alvin-ailey-american-dance-theater/

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