Eine Explosion der Gewalttätigkeit Hintergründe zu „Arena“ von Glen Tetley beim Stuttgarter Ballett, aus erster Hand von seiner Choreologin Bronwen Curry

Bronwen Curry sah schon mal besser aus.

Die Choreologin und Ballettmeisterin Bronwen Curry in ihrem offiziellen Pressefoto, das von Franco Bonetti stammt.

Das Ballett „Arena“ von Glen Tetley (1926 – 2007) ist das Herzstück der kommenden Stuttgarter Premiere. Diese, „Kammerballette“ betitelt, vereint Stücke von Hans van Manen, Glen Tetley und Katarzyna Kozielska (siehe www.ballett-journal.de/stuttgarter-ballett-kammerballette/). Die Ballettmeisterin und Choreologin mit dem interessanten Walisischen Namen Bronwen Curry studiert das hoch energetische, aber auch aggressive Tanzstück mit sechs ausgewählten Tänzern der Compagnie ein. Im Interview erklärt sie, die für den Glen Tetley Legacy arbeitet, der das künstlerische Erbe des Choreografen verwaltet, ihre Sicht auf das Stück – und auch ihren Weg durch die Ballettwelt.

Ballett-Journal: Glen Tetley sagte mal, „Arena“ (1969) wurde von ihm entwickelt, als er an das Gefühl in den Straßen des damaligen New York City dachte. Ist das Stück auf dieser Grundlage sozusagen eine Metapher für den modernen Lebensstil überhaupt, in dem jeder gegen jeden kämpft?

Bronwen Curry: Für mich ist dieses Stück zeitlos. Glen Tetley selbst hat über Arena auch gesagt: „Die Beziehungen, die ich darstellen wollte, waren ausschließlich Resultate der Bewegungen, die ich gebrauchte, und der Spannungen, die durch die Musik ausgelöst wurden. Aber für die, die ganz ohne ,Story‘ nicht auskommen, kann ich folgende Erklärung versuchen: Es ging mir quasi um Variationen über die Macht, die Kraft an sich. Wenn Menschen beengt, eingezwängt werden, kann es zu einer Explosion der Gewalttätigkeit kommen, gleichgültig, ob sich der Zwang im Physischen oder im Seelischen auswirkt. So kam ich im Grunde von diesen Gedanken aus zu der vorliegenden Musik.“

Ballett-Journal: Die Musik gehört zu einer Art Avantgarde, mit elektronischen Sounds, komponiert von Morton Subotnick. Tetley hat ja öfters Musik von Subotnick benutzt. Ist das hart für die Tänzer?

Bronwen Curry: Am Anfang ist es natürlich schwierig, aber nach einer Weile gewöhnt man sich daran. Die Musik ist für dieses spezielle Ballett perfekt.

Bronwen Curry sah schon mal besser aus.

Viel natürlicher und auch fleißiger wirkte Bronwen Curry, als sie in einem Werbetrailer vom Scottish Ballet erklärte, dass „Pierrot Lunaire“ von Glen Tetley eines der Lieblingsballette von Rudolf Nurejev war: „Er hat es überall auf der Welt getanzt.“ Videostill: Gisela Sonnenburg

Ballett-Journal: Sie haben sechs exzellente Tänzer vom Stuttgart Ballett ausgesucht, um das Stück zu tanzen: Jason Reilly, Daniel Camargo, Constantine Allen, Fabio Adorisio, Robert Robinson and Matteo Crockard-Villa. Wie war es, mit ihnen zu arbeiten? 

Bronwen Curry: Ich habe sehr viel Freude gehabt, mit ihnen zu arbeiten, und sie alle sind außerordentlich in dem Stück.

Ballett-Journal: Würden Sie mir bitte ihre persönliche Beziehung zu Glen Tetley und zu „Arena“ erkläutern?

Bronwen Curry: Ich habe Glen Tetley 1973 kennen gelernt, als ich Choreologin für das London Festival Ballet war. Er war eingeladen worden, sein Ballett „Greening“ einzustudieren und fragte mich, ob ich es für ihn notieren und ihm dabei assistieren wolle. Danach bat er mich, alle seine Stücke zu notieren und mit ihm zu arbeiten – was ich getan habe und im Grunde immer noch tue.

Bronwen Curry sah schon mal besser aus.

Hier das Videostill von Bronwen Curry im Werbetrailer für „Odysseus / Pierrot Lunaire“ als Gesamtscreenansicht. Es hat existiert, auch wenn es  kurz vor dieser Publikation hier bei youtube gelöscht wurde. Faksimile: Gisela Sonnenburg

Ballett-Journal: Und wie war Ihr Weg zum und im Ballett überhaupt?

Bronwen Curry: Meine Ausbildung habe ich an der Legat School of Russian Ballet, im ländlichen Sussex, bekommen. Anfang der Sechziger kam ich dann zum Western Theatre Ballet. Die Compagnie zog später nach Glasgow und wurde dann zum Scottish Ballet, wo ich von 1970 bis 1973 tanzte. Von 1967 bis 1969 habe ich die Benesh Notation studiert. Und bis 1973 kombinierte ich das Tanzen und die Notation. In dem Jahr lud Beryl Grey mich als Choreologin zum London Festival Ballet ein, und dort traf ich dann Glen Tetley und viele andere Choreographen, wie Rudolf Nureyev, dem ich zehn Jahre lang assistiert habe. Von da an bis heute habe ich Tetleys Ballette auf der ganzen Welt einstudiert.
Interview: Gisela Sonnenburg

Premiere: am 4. März im Opernhaus Stuttgart, weitere Termine siehe „Spielplan“

Mehr über die drei Stücke des Abends: 

www.ballett-journal.de/stuttgarter-ballett-kammerballette/

Und hier geht es zur Premierenrezension:

www.ballett-journal.de/stuttgarter-ballett-kammerballette-kurzkritik/

www.stuttgarter-ballett.de

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