Dackelkacke kommt im Ausland weiter Der deutsche Kot-Aktivist Marco Goecke erhält seinen neuen Topjob als Ballettdirektor am Theater Basel

Marco Goecke macht Karriere

Marco Goecke: Ab 2019/20 war er, bis 2023, Ballettdirektor in Hannover. Dann wurde er mit Dackelkacke berühmt. Jetzt wartet der nächste hoch bezahlte Job auf ihn – in der Schweiz. Videostill aus dem Filmportrait „Thin Skin“: Gisela Sonnenburg / ARD

Der nicht immer einfallsreiche Choreograf Marco Goecke muss ganz besondere Schutzengel haben. Nachdem sich der 52-Jährige letztes Jahr durch das Schmieren von Hundekot ins Gesicht einer Journalistin in Deutschland ins Aus torpedierte, lockt ihn jetzt der nächste staatlich geförderte Topjob in die Schweiz. Goecke hatte im Januar 23 eine renommierte Tanzkritikerin der FAZ, Wiebke Hüster, erniedrigt, indem er ihr bei einer Premiere in Hannover öffentlich seinen Dackelkot ins Gesicht schmierte. Der Dackel Gustaf, von dem die Hinterlassenschaft stammte, ist mittlerweile verschieden. Vor allem aber wurde das strafrechtliche Verfahren gegen Goecke für die Zahlung einer unbekannten Summe Geldes eingestellt. Das Strafgeld wird den künstlerisch tätigen Millionär dank reichlich Steuergeldern als Salär nicht weiter geschmerzt haben. Aber der Skandal mit der Dackelkacke verkauft sich offenbar weiterhin ungemein gut – für den Täter. Sein Opfer Wiebke Hüster hingegen schaffte es nicht, aus der Sache Kapital zu schlagen. Ihr wurde auch kein neuer Job angeboten. Aber das Theater Basel – an dem von 1973 bis 1991 der international gerühmte Choreograf Heinz Spoerli hochkarätiges Niveau besorgte – engagierte jetzt den anrüchigen Goecke als seinen künftigen Ballettdirektor.

In der Spielzeit 2025/26 wird es losgehen, dass man sich in Basel in der Schweiz  über die wenig Abwechslung bietenden Zappelbewegungen aus Goeckes Fantasien erregen kann. Seine Fans können davon ja gar nicht genug bekommen – ihre intellektuellen oder auch musischen Fähigkeiten werden dabei mit Sicherheit nicht gefordert oder gefördert.

Mir haben gerade mal zwei Stücke von ihm gefallen – bei einem Gesamtwerk, das aus Dutzenden zumeist nicht abendfüllenden Tänzen besteht.

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Zeitgleich wird man in der Schweiz klammheimlich auf den nächsten Eklat mit Goecke warten. Mit Skandalen macht man ja bekanntlich Kasse. Immer lieber auch in der Hochkultur. Immerhin ist Goecke für Skandale wohl schon sowas wie ein Garant. Denn auch beim Stuttgarter Ballett, wo er jahrelang als Hauschoreograf gut bezahlt wurde, ist er fristlos rausgeworfen worden, weil er eine Uraufführung unter fadenscheiniger Begründung platzen ließ.

Als wahrer Bad Boy entpuppte sich Goecke auch vehement nach dem Kot-Attentat in Hannover. Denn noch tagelang rechtfertigte er sich und seine Untat in Interviews mit den angeblich unerträglichen, faktisch aber lediglich professionell gemachten Kritiken von Hüster in der FAZ.

Wo kämen wir hin, wenn solche Übergriffe als Kavaliersdelikt gelten?

Das so unreife wie gewalttätige Vorgehen Goeckes führte zunächst zwar zum tatzeitnahen Verlust seines Ballettdirektorenpostens in Hannover. Seine Tanzstücke wurden und werden aber weiterhin gezeigt, auch neu einstudiert, gekauft und bezahlt. Auch und gerade in Deutschland. Von Steuergeldern, wohl gemerkt. Damit das Volk ein Vorbild in der Staatskunst hat.

Eine Gesellschaft wie die unsrige gibt ja offenbar nur ungern zu, wenn sie menschliche Spreu zum Edelkorn erhoben hat.

Jetzt, nach über einem Jahr seit der Kot-Attacke, gibt sich Goecke – augenscheinlich nach ausgiebiger Anwaltsberatung – erstmal handzahm. Zerknirscht berichtete er bei einer Pressekonferenz in Basel, er sei damals ausgepowert gewesen und habe im Affekt gehandelt. Der Affekt hielt dann wohl tagelang an. Praktisch für einen Täter, wenn ihm das alles mal eben nachgesehen wird.

Marco Goecke

Bald darf er wieder vormachen, wenn auch im Ausland: Marco Goecke, vorn mit Sonnenbrille, vor einigen Jahren bei der Probe zu „Le Chant du Rossignol“ („Der Gesang der Nachtigall“) in Stuttgart. Foto: Roman Novitzky / Stuttgarter Ballett

Unglaublich ist außerdem, dass so eine windelweiche Heuchelei eines Täters heute noch gekauft wird. Personal wie Goecke gehört nicht mehr ins Rampenlicht – meine Meinung.

Ich habe auch kein Wort der Einfühlung von ihm vernommen. Was ihm mittlerweile Leid tut, tut ihm offenbar Leid, weil er sich selbst damit beschädigt hat. Für sein Opfer hat er eher gar keine Empathie gezeigt. Kein Blumenstrauß, kein Scheck, keine öffentliche Entschuldigung bei Frau Hüster. Nur das Gejammere, dass man eben überarbeitet war. Das ist keine Wiedergutmachung. Das ist Narzissmus.

Ob Marco Goecke sich nun bis zum neuen Amtsantritt einen neuen Dackel oder lieber gleich eine Pumpgun kaufen wird, ist unbekannt.

Bekannt ist aber, dass Wiebke Hüster es verpasst hat, den Künstler, der vom ehemaligen Stuttgarter Großmogul Reid Anderson bekannt gemacht wurde, zu verklagen. Das wäre wohl vor allem fällig gewesen, mehr noch als ihre emotionale Fahrt gleich nach der Tat zum Polizeirevier.

Aber auch die Behandlung der Strafanzeige durch die Staatsanwaltschaft in Hannover mutet seltsam dilettantisch an. Denn die Nachweise von Beleidigung und Körperverletzung hätten durchaus für eine Verurteilung gereicht.

Die von Marco Goecke selbst noch tagelang in Interviews mit seinem eigenen Hass rechtfertigte Kot-Tat hätte außerdem gesellschaftlich Anlass geben sollen, über Faschismus neu nachzudenken.

Kacke ins Gesicht schmieren – das, liebe Leute, ist nicht nur Beleidigung, sondern auch eine für Psychopathen typische Demütigung. Wir befinden uns hier psychologisch im Bereich der Triebtäter, etwa der Vergewaltiger. Denen geht es auch erst in zweiter Linie um den Sex, ansonsten aber vor allem um die Machtausübung.

Die Persönlichkeitsrechte von Wiebke Hüster, die an dem Abend beruflich als Kritikerin unterwegs war, wurden grob verletzt. Aber leider war sie entweder zu dumm oder zu feige, das zivilrechtlich geltend zu machen.

Damit hat sie andere Chefs, vor allem aus dem Bereich Tanz, möglicherweise ermutigt, sich unter der Tarnung von Anstand und Wokeness viel zuviel rauszunehmen. Fakt ist:

Der ungezügelte Hass der Mächtigen auf ihre Kritiker war schon immer ein Kennzeichen von Diktatoren, Psychopathen und Faschisten.

Eine gewisse sexistische Komponente ist der Situation „Mann beschmiert Frau im Opernhaus mit Hundekacke“ zudem wohl auch nicht abzusprechen.

"Strawinsky" kupfert das Staatsballett Berlin beim Ballett Dortmund den Programmtitel ab

Alle lustig beieinander: Das Staatsballett Berlin in „Petruschka“ von Marco Hol-den-Kot-raus Goecke. Immer wieder langweilig, schon seit Jahren. Jetzt auch im Programm „Strawinsky“ ohne Ausrufezeichen. Foto: Yan Revazov

Aber weil unsere gnädigen Genderforscher-Schluckauf-innen und auch die sonstigen woken Zensor-Schluckauf-innen zuallererst auf das Votum der jeweiligen Lokalmatadoren mit Knete und Society-Bonus hören, regte sich nicht viel Widerstand gegen Marco Goecke. Lieber wurde er heimlich noch als toller Clown gefeiert.

Deutschland muss sich schämen, einen solchen Täter ungestraft davon kommen  zu lassen.

Und die Schweiz muss sich schämen, einen solchen Macker – der zudem künstlerisch auf Dauer nur die einfältigen Gemüter befriedigt – mit dem nächsten Posten zu beehren.

Benedikt von Peter, der Baseler Intendant, sollte auf seine Beweggründe hin überprüft werden. Lauterbar scheint er mir nicht.
Gisela Sonnenburg

https://www.theater-basel.ch/de

"Passagen" beim Bayerischen Staatsballett

Vier Damen, sieben Herren – aber keine Funken sprühen in „Sweet Bone’s Melody“ von Marco Goecke beim Bayerischen Staatsballett . Foto: Carlos Quezada

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