Zunächst mal gibt es noch eine kleine Freude weniger in diesen harten Zeiten: Weil Proben derzeit in der Corona-Krise verboten sind, kann das Bayerische Staatsballett seine schon mit Spannung erwartete Wiederaufnahme der „Schwanensee“-Version von Ray Barra – der im Januar 90 Jahre alt wurde – nicht am 21. März 2020 als „Geistervorstellung“ tanzen und online übertragen. Dafür gibt es aber, als sehr leckeres Trostbonbon, am selben Abend um 19.30 Uhr „Jewels“ von George Balanchine (in einer Aufzeichnung, die bereits als Live-Stream lief) auf www.staatsoper.de – und dieselben Juwelen, also „Jewels“, stehen dann auch vom 22. März, 12 Uhr, bis zum 23. März, High Noon, als video-on-demand parat. Der Märchensound von Robert Reimer als Dirigent wird dazu ebenfalls beglücken! Weitere Schmankerln kommen aus der Münchner Opernwelt, so „Il Trovatore“ mit Jonas Kaufmann und Anja Harteros. Ebenfalls ganz und gar nicht untätig war man aber auch in Berlin, um online hochkarätige Trostpflaster anzubieten. So servieren die Staatsoper Unter den Linden und das Staatsballett Berlin gemeinsam auf www.staatsoper-berlin.de ein kostenfreies video-on-demand-Angebot vom Feinsten.
Ballettös erwarten uns da am 22. März sowie am 31. März „Der Nussknacker“ und am 24. März und am 2. April 2020 der „Schwanensee“ von Patrice Bart nach Petipa/Iwanow – in welcher Besetzung, bleibt allerdings abzuwarten.
Opernmäßig spendiert Meister-Maestro Daniel Barenboim etliche seiner Highlights, von „Manon“ von Jules Massenet – mit Anna Netrebko und Rolando Villazón – über „Medea“ in der Regie von Andrea Breth bis zum „Rosenkavalier“, inszeniert von André Heller. Ach, und Wagner gibt es! Richard Wagner!
„Tristan und Isolde“, „Tannhäuser“ und „Parzival“ locken, und als Kontrast zu diesen überaus opulenten Gesamtkunstwerken gibt es mit Konzertprogrammen à la Anton Bruckner und Johannes Brahms sowie mit Beethoven-Klaviersonaten (gespielt vom Meister-PianistenDaniel Barenboim) Feinkost vor allem für die Ohren, auch um die Fantasie anzuregen.
Bei so viel positiver Energie, so viel künstlerischer Größe, so vielen tänzerischen und musikalischen Feuerwerken und bei so vielen Möglichkeiten der Hochkultur muss sich dieser ekelhafte Virus doch bald von dannen machen, oder?
Und die Fridays-for-Future-Bewegung, die ebenso unter den Sanktionen gegen Versammlungen leidet wie wir Opern- und Ballettfans, ist hoffentlich dankbar, weil wir erstens an sie denken und uns zweitens auch morgen kein neues Auto kaufen werden!
Dafür benutzen wir den Computer und das Handy stärker denn je als Medien für Aufführungen – in gewisser Weise sind sie hier ja sogar zu Vertretern der Nachhaltigkeit avanciert.
Wir bleiben bitte innerlich stark und genießen diese freundlich hingehaltenen Rettungsringe, um in unseren neuen und alten Lieblingswerken zu schwelgen – womit wir unsere Sinne und unseren guten Geschmack weiterhin schärfen und ausbilden. Schließlich ist es unsere Lebenszeit! Und wir könnten sie gar nicht besser investieren.
Gisela Sonnenburg