Sinn und Sinnlosigkeit Der Staat will zum höchsten christlichen Feiertag die Kirchen nach dem Vorbild der Opernhäuser schließen und verhindert damit keine einzige illegale Party. Widerstandsgeist aus Vernunft ist angesagt

Kirchen und Kulturtempel offen halten

Eine leere Kirche ist nicht im Sinne des Herrn. Die Kirchen über Ostern zu schließen, verhindert keine einzige illegale Party. Foto aus Sankt Ludwig in der Maxvorstadt in München: Gisela Sonnenburg

Glaubt der Staat wirklich, man könne illegale Parties verhindern, indem man zu Ostern die Gotteshäuser schließt? Was soll der Oster-Lockdown denn faktisch bringen? Die Querdenker werden Zulauf erhalten. Die Volksseele murrt, es wird brodeln. So manche Partykeller und nach vorn geschlossenen Spelunken werden Hochkonjunktur haben – heimlich. Die offenkundigen Problemzonen aber werden weiterhin umschifft. Wo bleiben neue Konzepte für Schulunterrichte und Kinderbetreuung? Unterricht in kleinen Gruppen, Verlegung der Unterrichtszeiten so, dass möglichst wenige Menschen sich zeitgleich im Gebäude aufhalten. Abiturienten können auch abends zwischen 18 und 20 Uhr zur Penne. Online-Unterricht kann ergänzend immer eine Option sein. Aber man muss mal loslegen, organisieren, Ideen einholen, Konzeptionen entwerfen und umsetzen. Stattdessen herrschen Angststarre und Ohnmacht. Auch die Kitas und Kindergärten brauchen unbedingt neue Konzepte. Wie können Infektionen unterbunden werden, ohne alltägliche Notwendigkeiten zu verletzen? Das sollten die Leitfragen in dieser Zeit sein. Aber was passiert stattdessen? Einschüchterung, Verantwortungslosigkeit, Verbote. Keiner will Schuld an keiner Misere sein. Darum ändert sich nichts. Darum geht alles so weiter.

Und darum werden die Infektionsherde, die man Demonstrationen der Querdenker nennt, überhaupt nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil: Es wird im Frühling und Sommer derartige Massenaufläufe en gros geben. Es sei denn, der Staat beschließt endlich mal Lösungen.

Gebt den Wutbürgern und Querdenkern Fernsehzeit. Drei Minuten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, nach dem Vorbild der Wahlwerbung. Sie werden kaum überzeugen. Aber sie dürfen ihre Meinung vor Millionen von Menschen in Deutschland darstellen. Gebt ihnen das.

Nehmt ihnen dafür die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit möglichst viele Menschen auf ihren Demos anzustecken. Verbietet ihre Demos, die nachweislich und systematisch Infektionen begünstigen.

Kirchen und Kulturtempel offen halten

Gottgefällig: Ein expressiver Tanz nach den Corona-Schutzregeln im Gotteshaus vor aufmerksamen und anwesenden Gläubigen. Laura Tiffany Schmid in „Traum der Rettung“ von Gisela Sonnenburg. Das Videostill stammt aus Sankt Ludwig und wurde von Gisela Sonnenburg erstellt. 

Und dann fragt mal die richtigen Fragen – und scheut euch nicht zu antworten.

Die Fragen lauten:

Ist ein Gottesdienst eine Karnevalsfeier? Ist ein Opernhaus eine Massenparty? Sind Kirchen Brutstätten der Infektionen? Sind maskierte Opern- und Ballettgenießer gröhlende Besoffene?

Also lasst die Kirchen offen und öffnet endlich wieder die Opernhäuser! Lasst dort auch backstage zuverlässige Schutzregeln gelten. Lasst kleine Orchestergruppen, eher Grüppchen, mit großen Abständen aufspielen und die Tänzerinnen und Tänzer nur nach bestimmten Regeln agieren. Bringt ihnen allen bis zur Meisterschaft bei, auch Schmierinfektionen zu vermeiden.

Aber lasst sie ihren Job machen!

Ja, die Schmierinfektion. Sprecht darüber mal mit der Bevölkerung. Nur die Seifenindustrie wird daran verdienen. Sonst kaum wer. Aber glatte Flächen wie auch Oberflächen von Lebensmitteln sollten immer mit Seifenwasser gewaschen und dann abgespült werden, bevor sie ihrer weiteren Bestimmung zugeführt werden. Seife lässt die Hülle des Virus platzen. Das ist effizienter als Desinfektionsmittel.

Auf Textilien hält sich der Virus übrigens nicht. Aber auf Papier einen Tag, auf Glas vier Tage. Auf Plastik fünf. Auf Aluminium nur wenige Stunden. Und überall kann man sich leicht anstecken. Wenn man keine Seife (oder Desinfektionsmittel) benutzt.

Macht endlich mal Studien dazu! Und klärt ab: Wieviele der Infektionen sind Schmierinfektionen und eben nicht Tröpfchen- oder Aerosolinfektion?

Kirchen und Kulturtempel offen halten

Sankt Joseph am Josephsplatz in der Maxvorstadt in München: einladend zu Messen und Musikalischen Andachten. Foto: Franka Maria Selz

Sinnvoll wären hingegen Campagnen, die den Leuten zeigen, wie sie ihre Freizeit verbringen, ohne sich und Andere anzustecken. Treffen mit Masken oder Visieren würden schon viel ausmachen. Distanz zu halten, wenn man miteinander spricht, ebenfalls.

So, wie man sich aktuell in Gotteshäusern und Kulturtempeln verhält, ist es genau richtig.

Bringt der Masse bei, was heute angesagt ist: Rücksicht, Umsicht, Abstand. Trotzdem ist das Leben lebenswert und macht verdammt viel Spaß. Und es ist sogar gut auszuhalten, wenn mal nicht alles halligallimäßig Party ist.

Zeigt das mal! Das ist die neue Aufgabe für die Bevölkerung, das zu begreifen – helft ihr dabei!

Erweitert außerdem das Alkoholverbot und organisiert die Massen der Bevölkerung nach zeitlichen Abständen so, dass nicht alle auf einmal an denselben Fleck wollen.

Zum Beispiel am Karsamstagmorgen in den Supermarkt.

Dümmer kann ein angebliches Schutzkonzept ja gar nicht sein: Die geplanten Schließungen der Supermärkte gleichen Aufforderungen zu Drängelei und Hamsterkauf, zum Andrang ohne absehbares Ende im Vorfeld.

Uneinsichtige Urlauber werden in Massen infiziert zurückkommen. Was will man denn mit denen machen? Sie aus Deutschland aussperren? Sie in Quarantäne schicken? Wer soll das kontrollieren? Sind die Gesundheitsämter über Nacht auf zwanzigfache Kapazität angewachsen?

Kirchen und Kulturtempel offen halten

Das getanzte Gebet verleiht auch Kraft, das Wort zum Widerstand zu erheben. Laura Tiffany Schmid zeigte in Sankt Ludwig tänzerische Gebete von Gisela Sonnenburg. Foto: Franka Maria Selz

Die jüngste europäische Politik hat soeben gezeigt, dass die Lobbyisten und Berater, die ihnen einflüstern, was sie zu tun haben, mächtiger sind als jeder normale gesunde Menschenverstand.

Deutschland spielt sich jetzt mit lächerlicher Augenwischerei in die Hardliner-Position.

Die Kirchen haben Recht, wenn sie sich hier mal nicht unterordnen. Wenn sie zusammen halten. Wenn sie über Ostern nicht schließen.

Wo bleibt dieser Widerstandsgeist in der Hochkultur?
Gisela Sonnenburg

Die Bebilderung entstand am letzten Wochenende anlässlich der jüngsten Musikalischen Abendandachten in Sankt Ludwig und Sankt Joseph in München. 

P.S. Nachtrag vom 24.3.21. Die Argumente im Artikel leuchten offenbar ein. Die Kanzlerin und auch die Landesregierungen geben zu, dass der geplante Oster-Lockdown (Osterruhe) ein Fehler war… Na bitte, geht doch!

ballett journal