
Beatrice Cordua als Lykainion in „Daphnis und Chloé“ von John Neumeier, 1977 in Hamburg. Foto: Marcel Fugère
Ihr Vater war Gynäkologe, und als „Trixie“ alias Beatrice Cordua ihm ihren Berufswunsch mitteilte, hatte er Bedenken. Ob Tänzerin wohl ein gesunder Beruf für sie sei? Aber Trixie ließ sich nicht abhalten. Sie wurde in Hamburg, ihrer Geburtsstadt, bei Ludmilla Maltschanowa und später an der Royal Ballet School in London ausgebildet. Ein Penché mit 180-Grad-Linie war trotzdem nie ihr Ding, und es war interessant zu sehen, wie hervorragend sie dennoch große Tanzrollen gemeistert hat. Denn Trixie war ein Paradebeispiel für Ausdruck: Bei ihr zählte eben nicht die Technik, sondern das Expressive, das mit ihr immer echt und authentisch rüberkam. Damit war sie eine Ausnahmeerscheinung.
Nach Engagements in Ensembles in Hamburg, Köln und beim Royal Winnipeg Ballet (Kanada) landete sie 1966 in Frankfurt am Main. Drei Jahre später fing dort John Neumeier an. Und er wollte sie zunächst nicht übernehmen. Es täte ihm Leid, sagte er ihr per Sie, aber er habe keine Verwendung für sie. Da bewährte sich Trixies rhetorisches Talent. Er möge sie doch bitte nehmen, er werde es nicht bereuen, das verspreche sie ihm. Sie rührte ihn. Und sie durfte bleiben. Und 1973 sogar mit Neumeier nach Hamburg gehen, wo sie einer der exotischen Stars der ersten Generation vom späteren Hamburg Ballett wurde.

Trixie alias Beatrice Cordua privat – hellwach und quirlig. Foto: privat
In Neumeier-Rollen wie dem Opfer in „Le Sacre“, als „Die Wahnsinnige“ in „Don Quixote“, der Lady Capulet in „Romeo und Julia“ sowie als Verführerin Lykainion in „Daphnis und Chloé“ bot sie stets Spektakuläres, wo man es kaum erwartete.
Die Partie des Opfers in Neumeiers „Le Sacre“, der übrigens schon 1972 mit Beatrice Cordua in der Hauptrolle uraufgeführt wurde, wurde viele Jahre lang splitterfasernackt getanzt – und Trixie hatte nach jeder Vorstellung eine leichte Gehirnerschütterung vom heftigen Kopfwerfen. Das Publikum aber war fasziniert. „Eine Frau mit Unterleib und Oberweite“, schrieb ich mal über sie. Und sehe sie auch nach Jahrzehnten in der Erinnerung noch immer nackt und verletzlich im Scheinwerferschlaglicht zappeln.

Patrick Dupond 1979 mit Beatrice Cordua auf der „Nijinsky-Gala V“ bei John Neumeier in Hamburg: als Titelheld von „Daphnis und Chloé“. Foto: Thomas Kaiser / Faksimile: Gisela Sonnenburg / aus: „Zehn Jahre John Neumeier und das Hamburger Ballett 1973 – 1983“, erschienen bei Christians
Nach Beendigung ihrer aktiven Bühnenkarriere lebte sie mit ihrem Ehemann, dem Künstler Ludwig Schönherr, in Berlin – und arbeitete ab 1994 unter Johann Kresnik als Ballettmeisterin an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Grands Battements zu Hard Rock anzusagen, war seither ihre Spezialität.
Auch als Gastlehrerin, so an der Schule vom Hamburg Ballett und dem Bundesjugendballett, war sie aktiv, verbreitete außer guter Laune Tipps und Fachkenntnisse.
Ab und an inszenierte sie sich zudem mit Performances, so 2011 im Berliner Dock 11 mit einer seltsamen Show namens „Das zwanzigste Jahrhundert“. Dabei ging es um die Vorbereitungen einer Künstlerin für ihre Show…
2020 wurde ein Dokumentarfilm („Trixie“) über sie gedreht, von Bastien Genoux. Ruhig wurde es aber auch danach nicht um Trixie, denn Florentina Holzinger entdeckte sie als Protagonistin, die die Zeiten überdauert. So landete Trixie mitten im Skandaltheater, in der Provokation um der Provokation willen – und Beatrice Cordua machte alles willig mit. Hauptsache, es gab Applaus!
Nach längerer Krankheit verstarb die am 12. März 1943 Geborene am 28. Juli 2025 in Berlin. Die Beerdigung wird am 2. September 25 um 11 Uhr sein, auf dem evangelischen Alten Luisenstädtischen Friedhof am Südstern in Berlin. Tanz in unseren Gedanken für immer weiter, Trixie!
Gisela Sonnenburg