Das Streikschauspiel pausiert Auch Tänzer brauchen eine Pause von ungewohnter Arbeit: Beim Staatsballett Berlin ist vorerst Tanzen statt Streiken angesagt

Pause vom Streikschauspiel

Ein Bild aus sonnigen Streiktagen: das Staatsballett Berlin in heroisch-lässiger Streikpose. Die kommenden Vorstellungen sollen aber stattfinden, so war zu hören! Foto: Pekuas

Alle Fans des Streikschauspiels beim Staatsballett Berlin werden jetzt enttäuscht sein: Die kommenden Vorstellungen des Berliner Staatsballetts werden in ballettöser Hinsicht laut aktueller Planung stattfinden – und der Streik ist bis auf weiteres ausgesetzt. Wie lange – ist ungewiss.

So geriet die Sitzung des Kulturausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus am letzten Montag zur glatten Enttäuschung. Georg Vierthaler, Geschäftsführender Direktor des Berliner Staatsballetts und als Generaldirektor der Stiftung Oper zugleich sein eigener Boss, konnte ungehindert seine Vorstellungen von Betriebsfrieden verbreiten. Demnach haben Tänzer gefälligst nicht mit einer zugkräftigen Gewerkschaft wie ver.di anzutreten.

Ein Fehler war sicher, dass die Tänzerinnen und Tänzer ohne Anwalt und ohne ver.di-Begleitung – die wollte man nicht einlassen – zu einem Gespräch bei der Kulturverwaltung (Kultursenat) Berlin gingen. Pardon, aber da erlaube ich mir zu sagen: Dümmer geht’s nimmer!

Dass mit Brigitte Lange (SPD) eine Abgeordnete im Kulturausschuss saß, die zugleich Mitglied im ver.di-Bundesvorstand ist, aber nichts für ver.di tun wollte, wurde der Angelegenheit der Streikenden außerdem zum Verhängnis. Denn Lange fiel glatt um und verweigerte den Tänzern die Solidarität.

DIE HOFFNUNG LEBT

Wolfgang Brauer, Kulturpolitischer Sprecher der Linksfraktion und vehementer Unterstützer vom Staatsballett Berlin, sieht dennoch Licht am Ende des Tunnels: „Eine Hoffnung gibt es noch.“

Denn: Noch laufen Verhandlungen und diplomatische Kanalgespräche darüber, ob und wie es nun weiter gehen wird. Offizielle Verhandlungen Vierthalers mit ver.di stehen dabei aber noch immer aus.

Immerhin ist weiter anzumerken: Sasha Waltz, die mit ihrer unterbezahlten Tänzertruppe schon in den Startlöchern stand, um das Staatsballett Berlin gegebenenfalls zu ersetzen, hat vorerst das Nachsehen. Solidarität hatte man von Waltz im übrigen mitnichten vernommen.

All das täuscht nicht darüber hinweg, dass das Staatsballett Berlin, seit Vladimir Malakhov es aufbaute, eine der besten Balletttruppen der Welt ist – und sich unter seinem neuen Intendanten Nacho Duato mit seinem hervorragenden Trainingsspezialisten Gentian Doda noch weiter verfeinerte. Dieses Ensemble ist jedes Schlangestehen nach einer Karte und sogar jede Enttäuschung, falls doch noch gestreikt werden sollte, wert!
Gisela Sonnenburg

Heute in der Komischen Oper Berlin: „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“

1. Mai: „Schwanensee“ in der Deutschen Oper Berlin

www.staatsballett-berlin.de

 

ballett journal