Blubbernde Beziehungen im Wattenmeer Ab morgen im Kino: Mit „Bubbles“ drehte Sebastian Husak eine Nahaufnahme deutscher Befindlichkeiten

"Bubbles" - echt sehenswert

Leonard Scheicher als Fiete, rechts im Bild, trifft auf seinen Jugendfreund Luca (Johannes Nussbaum): in der Einsamkeit der Nordseelandschaft. Foto: Schmidbauer Film / Nikolai Huber

Wer sagt denn, dass Liebe immer nur schön ist? Ein junges Pärchen fährt im Kinofilm „Bubbles… wir waren doch Freunde“ von Sebastian Husak erstmal raus ins Grüne. Im Herbst. Richtung Nordsee. Und rauf auf die Fähre. Das Auto wird abgestellt, der Schlüssel gezogen. Der Boden schwankt. Aber der schäumende Meeresschwanz des Schiffes wird von Fiete (Leonard Scheicher als etwas unsicherer Verliebter) schnell noch fotografiert. Nur wird seiner Partnerin Amiri (hübsch und mystisch: Zeynep Bozbay) etwas übel. Dabei weiß sie noch nicht, dass Tage von mittlerer Alptraumqualität sie erwarten.

„Heimflug statt Migrantenflut“ – das verlangt ein Transparent an einem Haus am grünen Deich. Amiri wird jetzt erst recht übel. Wäre sie doch in Berlin geblieben. Aber Fiete zeigt ihr glücklich das Ziel: ein stattliches, weiß gestrichenes Reetdachhaus. Hier verbrachte er sorglose Stunden als Kind. Jetzt wird das Gebäude geräumt, und einige schöne Stücke will er sich sichern.

"Bubbles" - echt sehenswert

Ein verhängnisvolles Trio: Fiete, Luca und Amiri (Zeynep Bozbay), zwischen sozialer Inkompetenz und Abenteuerlust hin- und hergerissen. Foto: Schmidbauer Film / Nikolai Huber

Das Pärchen bleibt nicht allein. Luca (toll überdreht: Johannes Nussbaum) taucht auf. Seine Eltern und die von Fiete hatten das Haus gemietet. Doch die Bande zwischen ihnen sind längst nicht mehr festgezurrt. Zehn Jahre lang haben Fiete und Luca sich nicht gesehen. Die Freude ist dennoch verhalten, durchsetzt von männlichen Hormonen und irgendwie auch von unauffälligem Schweigen.

Das Wattenmeer blubbert vielsagend. Naturaufnahmen begeistern, stimmen nachdenklich. Die Story aber kommt nur mit Bedacht in Schwung. Das ist Kalkül. Die Spannung steigt.

Endlich erfährt Amiri, dass Luca und Fiete noch einen Kumpel hatten. Ob dessen Eltern auch fürs Ferienhaus zahlten, ist unklar. Klar ist nur, dass er bei einem Unfall starb, weil Luca mit viel Alkohol im Blut am Steuer saß. Er musste dafür ins Gefängnis. Der Kontakt zwischen ihm und Fiete brach damit ab.

Trotz der tödlichen Erfahrung mit Schnaps ist Suff das erste, das die jungen Kerle wieder verbindet. Überhaupt treten die negativen Seiten der drei Charaktere mehr und mehr zu Tage. Sie sind unüberlegt, heimlich nur auf den eigenen Vorteil bedacht, oberflächlich. Andererseits ist ihr Hunger auf Ereignis und Abenteuer verständlich. Nur bekommen sie es nicht geregelt, Spaß zu haben, der nicht auf Kosten anderer geht.

Herbst 2025

Die „Ballet Brilliance Gala“ lockt mit Stars wie David Motta Soares aus Berlin, Maya Makhateli aus Amsterdam und Ines Macintosh aus Paris zu einem furiosen Programm, prall gefüllt mit viel Klassik und etwas Moderne, so wie es die meisten echten Ballettfans lieben. Nur am Sonntag, den 30.11.25! Tickets: hier! Foto: PR

Warum diese Rezension hier steht? Die Story dieses tollen Kinofilms könnte man sicher auch gut ins Ballett übersetzen. Wo aber bleiben moderne kleinere  Handlungsballette, die einen Bezug zur gesellschaftlichen Realität von heute haben?

Fakt ist: Konstellationen von Beziehungen, wie wir sie hier in „Bubbles… wir waren doch Freunde“ finden, fehlen auf den Bühnen der Gegenwart. Weshalb das junge Publikum, das man so gern in die Opernhäuser und Theater locken möchte, zunehmend nur im Kino zu finden ist. Immerhin wird es in diesem Fall dort nicht enttäuscht.

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Die von Nikolai Huber vorzüglich geführte Kamera geht oft nah ran. Auch wenn Luca mit Amiri flirtet und sie sich ihre Tatoos zeigen. Oder wenn die Männer gemeinsam pinkeln gehen. Bilder der einsamen Natur berauschen, bilden eine Welt für sich. Textlich ist man oft bei der Improvisation, auch Gestammel und das Sich-ins-Wort-Fallen gibt es: Realismus muss weh tun.

Kleine Katastrophen bahnen größere an. Die Regie von Husak schafft es, einen hineinzuziehen in das emotionale Elend dieser drei Gestrandeten. Sie leben in verschiedenen „Bubbles“, also sozialen Blasen, können einander nicht verstehen. Ihre soziale Kompetenz ist mager. Und zwischen ihnen bleibt alles unverbindlich, sogar die Lügen, die sie sich auftischen.

"Bubbles" - echt sehenswert

Zwei Freunde oder zwei Feinde unterwegs zu neuen Ufern ihrer Beziehung. Spannend. So zu sehen in „Bubbles“ von Sebastian Husak. Foto: Schmidbauer-Film / Nikolai Huber

Fast wird auch Amiri zur Täterin. Fiete sowieso. Am Ende hat er eine blutige Nase, dafür aber auch die Einsicht gewonnen, am Unfall vor über zehn Jahren nicht unschuldig gewesen zu sein. Sein neuer alter Freund entpuppt sich allerdings als Rechtsextremer. Mit überraschenden Kehrtwendungen wird dieser Film fast zum Psychothriller. Echt sehenswert.
Gisela Sonnenburg

Kinostart in Deutschland: 24.10.25

„Bubbles… wir waren doch Freunde“, D, 2025, 85 Minuten, Schmidbauer-Film

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