Barockes Ambiente, erotische Vielseitigkeiten und edle Parklandschaften. Sexy Dekolletés – und Passionen, die gegen alle Regeln sprechen. Pferde ziehen mit klappernden Hufen die prächtigen Kutschen voran, und im Kerzenschein glitzern Lüster und Juwelen. In der Oper wird höfisches Ballett getanzt, Theater gibt es aber auch in den Logen. Die Menschen hier sprühen nur so vor Lust und Leidenschaft! Und nur, weil ihre Interessen sich widersprechen, entspinnen sich Dramen voller Intrigen und Risiken. „Valmont“ von 1989 ist eines der großen filmischen Meisterwerke von Milos Forman, und dass der junge schöne Colin Firth die Titelrolle spielt, ist sozusagen das Tüpfelchen auf dem „i“. Es gibt zwar mittlerweile recht viele Verfilmungen und auch Theatralisierungen (darunter einige Ballette) dieser „Gefährlichen Liebschaften“, die im 18. Jahrhundert als Briefroman von Choderlos de Laclos geschrieben wurden. Aber „Valmont“ dürfte das mit Abstand seelenvollste Werk von ihnen sein.
Mit Süffisanz fädelt darin die Marquise de Merteuil (Annette Bening) eine Liebschaft ein. Ihr Liebhaber will nämlich heiraten, und zwar ein junges Mädchen. Da sorgt die Marquise aus Rache und mit mächtigem Aufwand dafür, dass dieses Mädel bis zur Hochzeit keine Jungfrau bleibt.
Ein erster Versuch misslingt allerdings, denn der Musiklehrer, mit dem Cécile (Fairuza Balk) ein errötend verliebtes Pärchen abgibt, erweist sich als zu keusch für eine Verführung im arrangierten Rahmen.
Aber Valmont, der Schwerenöter, den die Marquise nur zu gut kennt, er weiß genau, wie man die hübsche unerfahrene Maid zum Schmelzen bringen kann.
Da diktiert er dem jungen Ding einen Liebesbrief – an ihren Musiker des Herzens – und er streichelt und küsst sie zugleich so gekonnt an bestimmten Stellen, dass sie am Ende des Films, nun ja, von Valmont schwanger ist.
Dass es sein letzter Sommer ist, ahnt Valmont da noch nicht – obwohl er im Scherz und Spiel mit Cécile bereits den Erstochenen mimt.
Ein anderes Schicksal betrifft die in ihn verliebte Präsidentin Madame de Tourvel (Meg Tilly), die – zumal ihre Ehe recht erkaltet scheint – sich Hals über Kopf und ganz wider Willen in Valmont verknallt.
Er will sie ja auch – aber nur als Naschwerk.
Die Präsidentin hingegen hat ernste moralische Maßstäbe, und bis sie winselnd vor seiner Tür steht, um sich endlich erhören zu lassen, müssen einige wirre Fäden glatt gestrichen werden.
Das Knäuel aus Beziehungen rollt sich aber jedes Mal neu auf, wenn man es soeben erst auflöste.
Was sich auch in einer bezaubernden Tanzszene zeigt: Valmont tanzt nacheinander mit seiner rührenden alten Tante, mit der kindlichen Cécile, mit seiner ehemaligen Geliebten (der Marquise) und mit der Tourvel, seiner aktuellen Flamme.
Oh, und wie er sich jedes Mal auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten der jeweiligen Damen einstellt und sogar ganz verschiedene Menuetttänze mit ihnen absolviert – wobei das Spiel der Blicke mit die Hauptsache ist – das ist unbedingt sehenswert.
Und so ergeben sich prickelnde Szenen, in denen man sich fragen kann, wer wohl mit wem demnächst…
Am Ende aber müssen Valmonts Liebhaberinnen sein kaltes Totenantlitz küssen, während hoch auf dem Balkon der so genannten feinen Gesellschaft bereits ein neuer Jüngling auftaucht, der das Talent hat, drei Damen gleichzeitig zu beschäftigen.
Es ist, man staune, der von der wahren Liebe so arg enttäuschte Musiklehrer…
Gisela Sonnenburg
„Valmont“ auf arte: wieder am Samstag, den 19. November 2016, um 10.30 Uhr, sowie am Freitag, den 25. November 2016, um 13.55 Uhr