Vegetarisch auf den Hund kommen – und spenden Neujahrsideen: Ballettleute sind Trendsetter – und helfen, die Welt zu verbessern

Ballettleute spenden an Behinderte

Ballettleute spenden an Behinderte – die Benefiz-Ballett-Gala in Greifswald machte das möglich! Foto: Ballett Vorpommern

Mit dem Rauchen haben Sie schon aufgehört, Ihre nächsten Balletttickets haben Sie auch schon – und außer einem Autogramm Ihres aktuellen Lieblingsstars haben Sie gerade jetzt nach Weihnachten eigentlich keine neuen Wünsche. Ist es so? Oder machen Sie sich Sorgen, weil dieser Planet zugemüllt und platt gemacht wird? Erheben Sie Anklage, weil die Zuckerindustrie nicht nur die Zähne verdirbt? Planen Sie die Gründung einer neuen Partei? Spenden Sie dem Tierschutz? Setzen Sie sich für misshandelte Kinder ein? Hier gibt es jetzt außerdem als Anregung drei Ideen für 2015, wie Ballettleute – außer mit ihrer Kunst – dazu beitragen, diese Welt zu verbessern.

Ein Ballett-Benefiz ist eine feine, runde Sache. In Greifswald gab es vor einigen Wochen eine Ballett-Benefiz-Gala, schon zum 15. Mal übrigens, und die Erlössumme war ein neuer Rekord: 7 274,48 Euro konnte Ballettdirektor Ralf Dörnen vom Ballett Vorpommern nach Abzug aller Kosten stolz dem Behindertenforum Greifswald e. V. übergeben. Ein nicht nur, aber auch symbolischer Akt, und der Schulterschluss von Tänzern mit Gehandicapten sollte im neuen Jahr unbedingt Nachahmung finden. Die soziale Bedeutung von Kultur bekommt mit solchen Aktionen eine neue Note – und die Kunst kann sich einmal mehr rühmen, ganz gewiss kein Selbstzweck zu sein. Gerade körperlich Benachteiligte brauchen auch mal die Aufmerksamkeit der schönen Körperkünstler – umgekehrt sollte der energetische Flow die Grenzen und Blockaden in unserer Gesellschaft ebenfalls durchbrechen helfen.

Das Geben wird auch insofern eine zunehmend wichtige Rolle spielen, als die Gesellschaft, ob uns das gefällt oder nicht, sich immer stärker in Habende und Nichthabende splittet. Da gilt: Wer hat, muss abgeben! Das ist im Kapitalismus eine unverzichtbare Voraussetzung für Kultur. Übrigens auch für Kulturjournalismus, der ohne private Spenden immer mehr ins Hintertreffen gerät (wie Sie sicherlich anhand Ihrer abonnierten oder auch gekündigten Tageszeitung schon bemerkt haben). Freie Journalisten und freie Projekte – wie dieses Ballett-Journal – werden in Zukunft immer öfter auch auf Spenden und Gelder aus der Privatwirtschaft angewiesen sein. In den USA funktioniert das schon ganz gut, dort werden Reportagen immer öfter von privater Seite in Auftrag gegeben und finanziert.

Zurück nach Vorpommern. Mehr über die Ballett-Benefiz-Gala gibt es hier im Ballett-Journal zu lesen: ballett-journal.de/ballett-und-benefiz/

Außerdem lockt am 31. Januar eine neue Premiere nach Stralsund: Dörnen choreografiert „Anna Karenina“, frei nach Tolstois gleichnamigem Roman. Christian Spuck konnte in Zürich soeben einen nicht ganz ungetrübten Erfolg mit diesem Thema für sich verbuchen. Jetzt aber kommt die verwirrte Ehebrecherin Anna Karenina in einer soliden Neuinterpretation auf uns zu. Die von Ballettboss Ralf Dörnen dazu gewählte Musik stammt von dem sowjetischen Komponisten Mieczysław Weinberg (1919-96), der es ­– wie Dörnen – verdient, nicht ignoriert zu werden! Also hin, solange es noch Karten gibt.

Jiri Bubenicek, Vegetarier

Jiri Bubenicek, der hier den Joseph in der „Josephs Legende“ von Stijn Celis tanzt, ist Vegetarier – aus dreierlei Gründen. Foto: Ian Whalen

Das neue Jahr stellt aber auch die alten Fragen neu. Da ist vor allem die nach der Nachhaltigkeit des Planeten. Wollen wir ihn weiterhin so ausplündern, wie wir es tun? Und was hilft dagegen? Zum Beispiel: eine neue Ernährungsweise wählen, und zwar eine, für die keine Umweltsünden in großem Stil begangen werden. Also: Vegetarisch leben! Jiří Bubeníček macht vor, wie es geht. Er ist ein Weltstar des Balletts, er strotzt nur so vor Kraft und Vitalität, und wann immer er als Tänzer oder Choreograf auf Reisen geht, hat er einen kleinen Entsafter dabei. Jaaaaaa, einen Entsafter! Er genießt nämlich gern frische Säfte, vor allem solche aus verschiedenen Gemüsesorten. Die machen putzmunter, steigern die Konzentrationsfähigkeit, sind rundum gesund und machen zudem, wie man bei Jiří sieht, schlicht schön. Vegetarisch ernährt er sich aus dreierlei Gründen: für den Tierschutz, für den Umweltschutz und für die eigene Gesundheit. Mehr Vernunft geht eigentlich nicht. Aber es gibt mehr über ihn zu lesen, hier im Ballett-Journal: ballett-journal.de/oh-du-schoener-vagabund/

Und es mag überraschen, aber: Der ausdrucksstarke Darsteller von Rollen wie „Romeo“, „Joseph“ und dem „König“ in John Neumeiers DVD „Illusionen – wie Schwanensee“ isst nicht mal Tofu, denn der ist häufig gentechnisch manipuliert.

Die Kraft der natürlichen pflanzlichen Nahrung lässt sich hingegen in vielen guten Rezepten auch schmecken: Mehr als eine Pfanne, gutes Öl und einige Gewürze braucht man außer den Hauptzutaten dafür nicht. Kompliziert sind andere Dinge, aber nicht vegetarische Ernährung! Zumal, wenn Tänzer wie der international als Superstar gehandelte Mailänder Roberto Bolle, der auch seit langem Vegetarier ist, Tipps geben: Nüsse sind laut Roberto als gesunde Nascherei unverzichtbar, und Eiweiß holt er sich, sagte er mir mal im Interview, aus Fisch (der dem Menschen evolutionsbiologisch längst nicht so nahe steht wie Stallvieh) und Meeresfrüchten. Vegan ist das nun allerdings nicht… Aber weil wir vorhin geistig bei Tolstoi waren, hier noch ein unbedingt passender Gedanke des klugen russischen Dichters: „Solange es Schlachthäuser gibt, wird es Kriege geben.“

Jiri Bubenicek ist Vegetarier

Jiri Bubenicek: schön, schlank, Tänzer, Vegetarier. So geht es eben auch! Foto: Gisela Sonnenburg

Der konsequente und ebenso kreative Jiří Bubeníček weiß das – und er choreografiert für seine kommende Premiere am 14. Februar beim Ballett Dortmund eine dem Versöhnungsgedanken verpflichtete, ganz besondere Liebesgeschichte: „The Piano“, nach dem Filmerfolg von Jane Campion, die dem Choreografen Bubeníček auch bei der Vorbereitung half. Die Musiken stammen unter anderem von den Maori und vom russischen Komponisten Alfred Schnittke (1934-98), es wird also multikulturell aufregend – und wer das nicht verpasst, hat 2015 schon mal ein Highlight mehr sicher!

Eine prima Ausrede für verfehlte Termine ist hingegen das mitunter aufwändige Leben mit Hund. Hunde sind der sechste Sinn des Menschen. Das behauptete zumindest der Dramatiker und Dichter Friedrich Hebbel. Tänzerinnen und Tänzer sind nicht selten hundeaffin; obwohl die Tiere Arbeit machen, Zeit und Geld kosten und häufig noch nicht mal in die Ballettsäle mit rein dürfen. Dennoch organisieren Mensch und Hund sich. Und die Tierliebe kann Brücken bauen: Wer die Choreografien von Marco Goecke nicht mag, kann ihn immerhin als Person sympathisch finden, schon allein, weil er ein Herz für Hunde hat. Hunde kann man übrigens – anders als Katzen, die dann krank werden – auch rein vegetarisch füttern! Das Bundesjugendballett hat hingegen dank seinem Künstlerischen und Pädagogischen Leiter Kevin Haigen gleich zwei vierbeinige Maskottchen: Teddy und Bear, beides handliche Kleinformate, dürfen auf den Dienstreisen der Nachwuchstruppe kreuz und quer durchs Inland manchmal sogar mit.

Ziczac in Hamburg

Ziczac kommt aus einer Ballettfamilie: Frauchen Anna Laudere und Herrchen Edvin Revazov sind Tänzer. Da sagt man doch ganz leise: Wuff! Foto: Gisela Sonnenburg

Auch der niedliche Ziczac, der auf dem Foto auf sein Frauchen wartet, ist ein Tänzerhund: Edvin Revazov, der wunderbare „Parzival“, „Romeo“ und „Onegin“ vom Hamburg Ballett, hält die Leine, an der Ziczac gar nicht zieht, sondern ganz brav Beistand leistet. Edvins Ehefrau ist die schöne Primaballerina Anna Laudere, die am 7. und 8. Januar mit viel Eleganz die „Louise“ im „Nussknacker“ tanzt. Sie wird, wenn sie nach der Vorstellung auf ihre kleine Familie trifft, mit freudigen Sprüngen vom Hundchen begrüßt – und auch da erweist sich Ziczac als verständnisvoller Gefährte, der weder bellt noch jault noch sonst irgendwen nervt oder stört. Aber wenn schon: Lebewesen, die sich der Mensch vor über 10 000 Jahren züchtete, um tags Gesellschaft und nachts Schutz und Wärme an den Füßen (!) zu haben, dürfen mal ein bisschen Stress machen. Das ist wie in jeder guten Partnerschaft und sollte auch 2015 so sein: Geben und Nehmen sollten sich die Waage halten!
Gisela Sonnenburg

ALLEN ZWEI- UND VIERBEINERN EIN WUNDERBARES NEUES JAHR – VOLLER BALLETTFREUDE!

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UND SEHEN SIE BITTE INS IMPRESSUM: www.ballett-journal.de/impresssum/

 

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