Frauenpower ohne Saft Eine der langweiligsten Ballettfrauen Deutschlands darf künftig dem Tanztheater Wuppertal Pina Bausch den Rest geben: Bettina Wagner-Bergelt

Bettina Wagner-Bergelt tritt bei Pina Bausch an

Ein Bild aus guten Tagen: Wolfgang Oberender, Ivan Liska und Bettina Wagner-Bergelt auf ein einem Foto von Wilfried Hösl / Bayerisches Staatsballett

Man weiß nicht, ob und wem man nun gratulieren soll. Dem Publikum jedenfalls nicht. Bettina Wagner-Bergelt, die bis 2017 stellvertretende Ballettdirektorin vom Bayerischen Staatsballett war, wird die Nachfolgerin der unglückseligen Adolphe Binder: als Künstlerische Leiterin vom Tanztheater Wuppertal Pina Bausch. Ja, ist denn Wagner-Bergelt dafür überhaupt qualifiziert? Ein einziges Mal (2016) wurde ein Bausch-Stück in Wagner-Bergelts Zeit vom Bayerischen Staatsballett einstudiert – und die meisten Kritiker jubelten damals, so schien es, nachgerade pflichtgemäß. Ich zog es allerdings ob der oberflächlich-musealen ballettösen Bausch-Interpretation vor, das Münchner Nationaltheater aus Gründen der Banalität der Vorstellung vorzeitig zu verlassen. Beinahe würde ich auch jetzt wieder schweigen, zumal Kritik nicht mehr wirklich beliebt ist in unserem Land. Aber mein Verständnis von Presse- und Meinungsfreiheit ruft diesen Kommentar hier auf den Plan. Und hat die Öffentlichkeit nicht ein Recht auf Meinungsvielfalt?

Also, deutlich gesagt: Leute, wacht doch mal auf beim Postenvergeben! Wagner-Bergelt gehört in den Ruhestand, nicht an die Spitze einer komplizierten Company!

Diese Frau hat aus meiner Sicht noch nie etwas allein hinbekommen, was man wirklich rundum hätte loben können.

Derzeit werkelt sie als Chefin des Festivals „Bauhaus 100“ in Berlin. Es wird im Januar 2019 anlässlich des 100. Geburtstags des Bauhauses starten. Diese Hochburg des frühen Designs steht zwar in dem kleinen und feigen mitteldeutschen Städtchen Dessau. Aber weil mal wieder Hochkultur für die Hauptstadt-Massen gemacht werden soll, ist das Festival an die Berliner Akademie der Künste angegliedert.Bunt und simpel war nach meiner Wahrnehmung stets das massenkompatible kreative Credo von Wagner-Bergelt, und bunt und simpel ist auch der Eindruck des Festivals, das sie vorbereitet – wer über einen IQ von über 50 verfügt, darf bei ihren Produktionen skeptisch sein.

In Entscheiderkreisen aber scheint bereits ausgemacht, dass das Berliner Bauhaus-Festival Erfolg haben wird. Vermutlich sind auch schon soundsoviele Touristenströme angesagt. Das zählt heutzutage bei solchen Events. Dann trauen sich nämlich auch die Medien nicht mehr, Verrisse zu veröffentlichen. Man will ja keinen besseren Geschmack haben als die bekannten Heerscharen von Fliegen, nicht wahr?

Aber wer ist eigentlich Bettina Wagner-Bergelt?

Laut Wikipedia wurde sie 1958 irgendwo in Nordrhein-Westfalen geboren – und wuchs mit drei Brüdern auf. Was ihre Eltern, vor allem ihr Vater, beruflich machten, erfährt man nicht. Nur, dass Bettina das Medizinstudium zu Gunsten der – vermeintlich leichteren – Geisteswissenschaften aufgab.

In den 80er Jahren hatte sie eine Anstellung im Kulturreferat der Stadt München, und zwar in deren Eigenschaft als bayerische Landeshauptstadt. Daher der gelernte Draht zur Obrigkeit.

Der Münchner Ballettdirektorin Konstanze Vernon fiel dann das zweifelhafte Verdienst zu, Wagner-Bergelt als Dramaturgin an das Bayerische Staatsballett engagiert zu haben. Seither ist Wagner-Bergelt Teil des Filzes der deutschen Ballettoberen.

Wikipedia vermerkt zudem akribisch, dass Wagner-Bergelt verheiratet ist, zwei Kinder hat – und seit 2006 eine sechsköpfige nigerianische Flüchtlingsfamilie betreut.

Das mit den Flüchtlingen muss wohl sein, wenn man als Millionärin, die Jahrzehnte lang von Steuergeldern bezahlt wurde, öffentlich moralisch punkten will.

Wieviel Zeit sie als Karriere-Frau konkret für ihre milde Tat übrig hat, sei mal dahingestellt. Vielleicht sogar mehr als Frauen, die sich keine Putzhilfe leisten können.

Wagner-Bergelts Höchstleistung erschöpfte sich einst darin, den Ballerinen vom Bayerischen Staatsballett eine Möglichkeit zu verschaffen, tagsüber kollektiv ihre Kinder betreuen zu lassen. Damit die Künstlerkinder sich schon im Kleinkindalter als Elite fühlen können?

Jedenfalls wird ihnen eine Extrawurst gebraten, wenn ihre Eltern nicht den Marathon durch die allgemeinen Kita-Engpässe antreten müssen.

In einem unmoralischen Wirtschaftssystem, welches sich in alles, auch in die moralischen Werte, einmischt, ist das allerdings eine postfeministische Heldentat mit Widerhaken. Denn Kinder in die Welt zu setzen, ist schließlich kein reines Privatvergnügen.

Nur die Expansion der Bevölkerung garantiert den Zuwachs der Profitraten der Oberschicht. Und das zählt, wenn man heute mit Politik erfolgreich sein will: Dass die Reichen immer reicher werden, um welchen Preis auch immer.

Bettina Wagner-Bergelt schlug also mit ihrem Engagement für schwangere Tänzerinnen gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe.

Irgendwie passt es da auch, dass Wagner-Bergelt sich nicht um alleinstehende Flüchtlingsfrauen oder gar um syrische Lesben und Homosexuelle kümmert, sondern um eine sich bereits fleißig vermehrende Hetero-Familie.

Das Patriarchat wächst jedenfalls in Bayern, es blüht und gedeiht, mit und ohne Flüchtlingen.

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Ansonsten erinnere ich mich auch an platte, primitive Produktionen, die Wagner-Bergelt in künstlerischer Hinsicht verantwortete.

Sie war sozusagen für die Populismen beim Bayerischen Staatsballett zuständig. Hätte es die „Wiesn“ als Tanzabend gegeben, Wagner-Bergelt hätte ihn bejodelt.

Sie teilte ihre Aufgabenbereiche mit dem ihr intellektuell überlegenen, um so vieles begabteren Kollegen Wolfgang Oberender.

All der Glanz, all die Klugheit, all die Seele, die das Bayerische Staatsballett unter Ivan Liska – damals sein Direktor – ausstrahlte, rührten denn auch von den Künstlerinnen und Künstlern sowie von dem gebildeten Wolfgang Oberender.

Wagner-Bergelt hingegen wirkte schon immer so kultiviert wie eine Metzgersfrau.

Sie weckt in mir solche Erinnerungen:

Primitive Programmheft-Beiträge aus ihrer Feder, über die man sich leider nur geärgert hat, weil sie alles so platt klopften wie ein Wiener Schnitzel.

Und Wagner-Bergels PR-trächtige, bei näherem Hinsehen leere Konzepte ließen mich schon immer manche Programme in München meiden.

Ballettabende als „Choreografen-Portraits“ zu bezeichnen, nur weil ein bestimmter Choreograf getanzt wurde – ach, das fand ich ja schon immer so dümmlich!

Wagner-Bergelt und ihre Anhänger aber fanden sich damit gut. War ja auch bunt und simpel.

Dazu passte auch Wagner-Bergels Stolz auf die hochnotpeinliche Protz-Produktion „Der gelbe Klang“. Damit mühte sie sich ab, einen Künstler wie Wassily Kandinsky zu begreifen. Es gelang ihr nicht.

Aber es gelang ihr, das Publikum für dumm zu verkaufen.

Vielleicht passt sie darum auch wirklich gut zum Tanztheater Wuppertal Pina Bausch.

Denn auch dort geht es offenbar nur noch um vordergründigen Erfolg im Sinne von Beifall – und keinesfalls mehr darum, irgendein spezifisches gesellschaftliches Verständnis oder gar ein inhaltlich tragendes künstlerisches Konzept aufzufahren.

Man verkauft die Marke Pina Bausch von oben bis unten – ein Tanztheater als metaphorischer Souvernirshop.

Das ist die Wahrheit, die keiner hören will. Aber die Crux ist beim Wuppertaler Tanztheater sozusagen systemimmanent. Um das zu ändern, braucht es eine starke, künstlerisch inspirierte Persönlichkeit. Und keine Bettina Wagner-Bergelt.

Zwei Jahre lang – ab Dezember 2018 – soll Wagner-Bergelt nun das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch auf einen neuen Weg bringen. Sie werde dabei nichts übers Knie brechen, drohte sie schon an. Na, das würde auch keiner von ihr erwarten.

Hoffen wir, dass Bettina Wagner-Bergelt sich in ihrer alten Heimat NRW wohl fühlt – und dass man sie dort bis zum wohlverdienten Ruhestand behält. Dann wird sie wenigstens Berlin künftig in Ruhe lassen.
Gisela Sonnenburg

www.pina-bausch.de

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