Das Ballett auf der Anklagebank Vorwürfe gegen die Staatliche Ballettschule Berlin häufen sich, Internatsplätze werden Musikschülern angeboten und Abteilungsleiter Marek Rozycki wird konkret beschuldigt: unter anderem mit dem Verteilen von Putzstrafen

Marek Rozycki in der Kritik

Marek Rozycki, Abteilungsleiter Bühnentanz bei der Staatlichen Ballettschule Berlin, wird im Internet von einem privaten Veranstalter für Workshops als Lehrer angepriesen. Ob Rozycki ein Diplom als Ballettpädagoge hat und wenn ja, welches, steht da nicht. Eine Anfrage bei Rozycki blieb bisher erfolglos. Faksimile von artstudiodanza.it: Gisela Sonnenburg

Er ist der Letzte von zuvor drei Männern in Leitungsfunktionen, die an der Staatlichen Ballettschule Berlin für die Ausbildung von Ballerinen und Ballerinos die Verantwortung inne hatten. Nach wie vor ist er dort in leitender Position tätig, auch wenn das Viele nicht verstehen: Marek Rozycki, früher der Stellvertretende künstlerische Leiter der Staatlichen Ballettschule Berlin, rangiert dort seit 2019 als Leiter der Abteilung Bühnentanz. Die  Posten des Künstlerischen Leiters und seines Stellvertreters wurden schon vor dem Skandal aufgelöst. Warum die Berliner Senatorin Sandra Scheeres (SPD), zuständig für die Ressorts Familie und Bildung, Marek Rozycki bis heute von der Freistellung ausnahm, welche seit dem 17. Februar 2020 die beiden anderen Leiter im Haus, Ralf Stabel und Gregor Seyffert, betrifft, ist unklar. Eine Anfrage hierzu läuft.

Anwürfe gegen Rozycki und auch gegen die derzeitige Schulleiterin Antje Seike (die zuvor die Stellvertreterin von Ralf Stabel war)wurden bereits in dem ungehaltenen Brief eines Schülervaters vom 23.02.2020 an die Senatorin Scheeres erhoben.

„In ihren Funktionen haben Frau Seike und Herr Rozycki sämtliche Missstände unmittelbar selbst zu verantworten“, heißt es darin.

Der angesehene Berliner Architekt Jürgen Schneemann, Verfasser des Briefes, hat seinen Sohn denn auch kürzlich bei der Staatlichen Ballettschule Berlin abgemeldet.

Dass sich unter dem Eindruck der Geschehnisse manche Eltern ausdrücklich für die „Staatliche“ aussprachen, erklärt er sich damit, dass sie ihre Kinder, die dort noch Schüler sind, keinen Repressalien aussetzen wollen. Die Eltern, so Schneemann, seien zu Beginn des Skandals sogar dazu aufgefordert worden, für die Schule Position zu beziehen.

Die Senatorin Scheeres erklärte indes, Schneemanns in seinem Brief geschilderte Eindrücke seien „ein Einzelfall“. Vielleicht machte der wütende Ton des Briefes, der auch den Rücktritt der Senatorin fordert, selbige nicht eben pragmatisch.

Aber auch andere Eltern von Zöglingen, die dank der harten Ausbildung an der „Staatlichen“ professionelle Balletttänzer werden wollten oder wollen, melden sich. Ihr Blick auf Rozycki ist keineswegs unkritisch.

So berichtet der Vater eines Schülers, der die „Staatliche“ im Sommer 2019 verließ, er habe den Eindruck gehabt, dass Marek Rozycki als „operativer Ausführer“ der Leitung der Ballettschule agiere.

Demnach war Rozycki das wandelnde Bindeglied zwischen der Leitung und dem Rest der Schule. Mehr noch:

Rozycki habe nicht nur von entscheidenden Vorfällen an der Schule gewusst, sondern sei sogar selbst involviert und verantwortlich gewesen.

So führte Rozycki als Stellvertretender Künstlerischer Leiter laut Informanten reguläre Gespräche mit den Eltern. Es waren konkrete Gespräche, keine allgemeinen Phrasen. Dazu muss Rozycki inhaltlich gewusst haben, welchem Leistungsstress und welchem Zeitplan die Schülerinnen und Schüler unterworfen waren.

Außerdem – und dafür gibt es, wenn es stimmt, nun wirklich keine Entschuldigung – soll Rozycki im Jahr 2018 an zwei Jungs eine höchst absonderliche Strafmaßnahme ausgeteilt haben: Sie mussten angeblich die recht geräumige Umkleide putzen.

Putzen als Strafe für Ballettschüler?

Das dürfte kaum noch unter den Begriff „Begabtenförderung“ fallen.

Schriftliche Beschwerden wegen der im Kontext äußerst demütigenden Putzstrafe führten damals zunächst zu keinem Ergebnis, so der Informant, der Ballett-Journal bekannt ist. Aber im folgenden Jahr wurde das Kind bereits „abgeschult“, wie man es umgangssprachlich nennt, wenn ein Ballettkind den Anforderungen der Eliteschule nicht mehr genügt.

Der offizielle Grund waren angeblich nicht ausreichende Leistungen im Fach „KT“, also im  „Klassischen Tanz“. Der betroffene Vater vermutet indes einen Zusammenhang zu seinen Beschwerden. Und: Sein Sohn sei unbotmäßig schlecht behandelt worden. Damit war er ganz sicher nicht der Einzige.

Das Landesjugendballett Berlin probt

Sie ist heute Tänzerin im Corps beim Staatsballett Berlin, aber sie schweigt ebenso wie die mit Starruhm Gesegneten zu den Vorwürfen an ihre ehemalige Schule: Elena Iseki, hier 2017 beim Pas de deux aus „Le Corsaire“ in der Staatlichen Ballettschule Berlin, eine Probe für Auftritte mit dem Berliner Landesjugendballett (LJB). Foto: Gisela Sonnenburg

Eine schikanöse Sprache, humorlose verbale Erniedrigungen, verachtende Titulierungen und dann auch noch, wenn auch als Ausnahme, Putzstrafen – soll so eine zeitgemäße Ballettausbildung aussehen?

Klassischer Tanz steht für Disziplin und Härte auch gegen sich selbst. Das sollte nicht nur für die Schüler, sondern auch für die Lehrer gelten. Für sadistische Spielchen darf da kein Platz sein.

Auch wenn Rozycki nicht zu jenen Lehrern gehört, die mit verbalen Schmähungen gegen Schüler agieren, so klingt die Geschichte mit den Putzstrafen für mich außerordentlich glaubwürdig. Zumal es – von einem weiteren Informanten – Hinweise darauf gibt, dass auch unüblich schwere Verletzungen bei noch kindlichen Jugendlichen von Rozycki und seinen Kollegen toleriert und für normal gehalten wurden.

Meiner nachweislichen Bitte um eine Stellungnahme dazu kam Rozycki – noch – nicht nach.

KT“ ist ein Fach, das Marek Rozycki seit 2018 nicht mehr regulär unterrichtete, nur noch als Vertretung oder in Ausnahmen. Gab es zu viele Beschwerden über ihn als Ballettlehrer?

Der Informant blieb hartnäckig, hat auch über Anwälte mit der Schule korrespondiert. Dennoch, so der Vater, leidet sein Junge bis heute unter den traumatisierenden Erlebnissen an der Schule, die in ein eiskaltes Abservieren mündeten.

Waltz und Öhman und ihr neues Programm

Noch einmal Elena Iseki bei der Probe zu „Le Corsaire“ 2017 in der Staatlichen Ballettschule Berlin – voll Anmut. Dahinter steht harte Arbeit, mit Hobby-Ballett nicht zu vergleichen. Foto: Gisela Sonnenburg

Man muss unterscheiden zwischen Hobby-Ballett und Profi-Ballett.

Hobby-Ballett macht  Spaß, ist gesundheitsfördernd, regt an.

Profi-Ballett ist härter als Leistungssport.

Es ist eine Leistungskunst. Viele versuchen es damit, viele scheitern. Und nicht mal jede oder jeder, die oder der für Tanz hochtalentiert sind, sind körperlich und emotional geeignet, solchen Dauerstress durchzuhalten.

Dabei geben Viele, die die Staatliche Ballettschule Berlin besuchen, ihr Letztes, um dabei zu bleiben. Der Drang zu tanzen, der Wunsch, Profi-Tänzer zu werden, ist sehr groß.

Die Leidensbereitschaft ist entsprechend hoch. Marek Rozycki weiß das, wie jeder Ballettlehrer von angehenden Profis – aber er hat laut dem Informanten, der hierzu Unterlagen vorweisen kann, ebenso wenig angemessen wie Ralf Stabel auf Beschwerden reagiert.

Als der Sohn des Informanten aus Schikane „in voller Montur“ von Jungs aus einer höheren Klasse unter die kalte Dusche gezwungen wurde, soll Rozycki dazu gemeint haben, das müssten die Jungs unter sich ausmachen. Soziale Kompetenz geht wohl anders.

Man muss feststellen: Die Probleme in der Schule sind jahrelang gewachsen. Sie sind vielfältig und mal groß, mal klein. Aber insgesamt ist festzustellen, dass die Trias Stabel-Seyffert-Rozycki keineswegs geeignet war, eine Profi-Ballettausbildung zu leiten.

In vielen Fragen, so die betroffenen Informanten, war bislang keine Transparenz und auch keine Diskussionsbereitschaft der Schule zu erkennen.

Aus ihren Aussagen lässt sich ein Bild des Grauens rekonstruieren:

Wen die entscheidenden Lehrer nicht in der Klasse haben wollten, wer nicht zu den Stars eines Jahrgangs zählte, der oder die wurde hart angegangen: mit Methoden, die man gemeinhin zum Mobbing zählt.

Mutwillige Herabsetzungen, ein grober Umgangston, Benachteiligungen – darüber klagen keine Einzelnen, das scheint im Umgang mit den Schwächeren auf der Staatlichen Ballettschule Berlin System zu haben.

All die medienwirksamen Aktionen und auch die gute Laune vieler Kinder nach außen, die bisher das öffentliche Bild der Schule prägten, können darüber nicht mehr hinwegtäuschen:

Die Staatliche Ballettschule Berlin hat sich von innen heraus moralisch selbst ruiniert.

Iana Salenko und Marian Walter in der Staatlichen Ballettschule Berlin

Das Glück, beieinander zu sein, aus vergangener Zeit: Die Ballettstars Iana Salenko und Marian Walter mit Nachwuchs mittig, Gregor Seyffert (hinter Salenko) und Ralf Stabel (rechts neben Walter) und Schüler und Studenten der Staatlichen Ballettschule Berlin bei einem PR-trächtigen Termin im Januar 2020. Foto: Gisela Sonnenburg

Fakt ist:

Auch in diesem Kalenderjahr gab es noch Tage, an denen manche Zöglinge Werktage in der Schule von rund 12 Stunden hatten. Manche Bewohner des schuleigenen Internats bekamen aufgrund dieser Stundenpläne mal kein Abendessen, mal kein Mittagessen. Turnusmäßig, Woche für Woche.

Rückblickend türmen sich die Anwürfe:

Mangels Aufsichtspersonal durften die Kinder in den Pausen zeitweise nicht mal in den Hof, sagt Jürgen Schneemann. Sie waren in dem Gebäude wie eingesperrt. Den ganzen Tag.

Eine „Ernährungsschulung“ fand außerhalb der Schule statt, wobei den Kindern dort allen Ernstes empfohlen wurde, Brot zu essen – ob das ein guter Rat für angehende Tänzer ist?

Außerdem fehlt an der Staatlichen Ballettschule in Berlin das regelmäßige Wiegen und Kontrollieren des Gewichts.

Tägliche Besuche auf der Waage wären sicher übertrieben. Aber etwa einmal in der Woche sollten Menschen, die einen Beruf im Bereich „Schönheit“ und „Körperkraft“ anstreben – das betrifft auch Models, Schauspieler und Leistungssportler – wissen, wieviel sie wiegen. Bei Kindern, die noch im Wachstum begriffen sind, muss dieses selbstverständlich vom Messen der Körperlänge begleitet sein.

Andere professionelle Ballettschulen im In- und Ausland verfügen über Richtlinien in Form von Tabellen, die angewendet werden. Das Alter, die Größe, das Geschlecht des tanzenden Kindes spielen darin eine Rolle, um zu beurteilen, ob sein Gewicht für die Ballettausbildung normal ist oder korrigiert werden muss.

Die Beurteilung sollte nicht durch Demütigung oder Hohn erfolgen, sondern durch die Kompetenz der Lehrer.

In Berlin aber fehlen solche objektiven Maßstäbe. Stattdessen gibt es lapidare, abwertende  Bemerkungen nach Augenschein.

Das Landesjugendballett Berlin ist geboren

Synchron und schön: zwei Schüler der 5. Ausbildungsklasse von Olaf Höfer in der Staatlichen Ballettschule Berlin 2017. Was später an der Schule offenbar alles vor sich ging, ahnte man damals nicht. Foto: Gisela Sonnenburg

Es geht im Profi-Ballett darum, eine enorme Disziplin auch in Bezug auf die Ernährung zu erlernen. Wenn Ballettmädchen Essstörungen entwickeln, dann nicht, weil sie psychisch krank sind, sondern weil sie dem Ideal größtmöglicher Schlankheit entsprechen wollen.

Die Verbesserung und Individualisierung von Schönheitsidealen in Richtung Gesundheit ist eine Aufgabe, die auf die gesamte Gesellschaft wartet, nicht nur auf das Ballett.

Die Missstände an der Staatlichen Ballettschule Berlin aber sind auch anderer Natur, und auch hier haben Ralf Stabel, Gregor Seyffert und Marek Rozycki die Verantwortung.

Nicht ohne Grund traten die drei gern als Trio auf, als Leitungstrio– etwa bei ihrem PR-Termin mit zwei Stars vom Staatsballett Berlin im Januar 2020, bei dem auch die hier verwendeten Fotos entstanden.

Dass Rozycki, bis vor wenigen Monaten Stellvertreter der Künstlerischen Leitung, an der Unterdrückung von Vorwürfen bezüglich der Vergangenheit ein Interesse hat, kann eigentlich nicht in Frage gestellt werden.

Warum Sandra Scheeres dennoch bislang ihre schützende Hand über Rozycki hält, ist von daher nicht nachvollziehbar. Schon gar nicht unter der neuen Verdachtslage.

Es ist zu beklagen, dass das Ballett insgesamt dank offenkundiger Mängel einiger Schulen wie dieser in Verruf kommt.

 So befindet sich das Ballett derzeit mit dieser Berliner Schule auf der Anklagebank.

 Dabei stinkt ein Fisch stets vom Kopf her. Ballett ist eine autoritätsgläubige Szene. Da wird gemacht, was die Chefs wollen.

Insider erklären die Handlungsmaximen von Stabel, Seyffert und Rozycki im Kern wie folgt:

Offenbar wird nur auf äußere Erfolge gesetzt. Das Wohl der Kinder und Jugendlichen wird als zweitrangig eingestuft. Nach außen wird gepunktet und angegeben. Nach innen wird willkürlich so viel Druck ausgeübt, dass Einzelne daran scheitern müssen.

Ein Elternteil eines Schülers sagt, er habe es so erlebt, dass die Kinder „regelrecht verheizt“ würden.

Das Landesjugendballett Berlin ist geboren

Sandra Scheeres (SPD) ist Senatorin für Bildung, Jugend und Familie in Berlin- und gründete 2017 in der Staatlichen Ballettschule Berlin das Landesjugendballett. Aber auch eine Senatorin hat ihre Augen und Ohren nicht überall. Foto: Gisela Sonnenburg

Qualitativ scheinen die Lehrer weit weniger fit zu sein als im Unterdrücken.

So häufen sich auch die Beschwerden darüber, dass die Pädagogen an der „Staatlichen“ keine oder keine erkennbare Methodik beim Klassischen Tanz anwenden.

Zur Erklärung: Am renommiertesten und darum am häufigsten ist die Methode Waganowa („Vaganova“), die die russische Pädagogin Agrippina Waganowa im letzten Jahrhundert notierte.

Waganowa subsummierte die jahrhundertelang gewachsenen, organischen Übungen des klassischen Tanzes. Sie hat nicht selbständig eine Methodik erfunden, sondern aus den Überlieferungen ein System destilliert.

Sie hat aufgezeichnet, was vorher schon praktiziert wurde.

Das ist ein wichtiger Punkt: Niemand könnte so ausgereifte Bewegungsmuster und Grundregeln mal eben allein erfinden. So etwas wächst: als Tradition, mit Kontinuität.

Waganowa steht nicht für sich, sondern für ein vom Barock bis ins 20. Jahrhundert gewachsenes Bewegungssystem.

Die konsequente Anwendung der Grundsätze und Richtlinien dieser Lehre wird an der Staatlichen Ballettschule Berlin vermisst.

So vermelden gleich mehrere schulexterne Berliner Privatlehrer, dass sie Ballettkinder von der „Staatlichen“ unterrichten würden, die zum Teil falsch ausgebildet seien – und darum körperliche Probleme hätten, etwa Schmerzen, die von falscher Haltung bei zuviel Belastung rühren, oder auch vermeidbare Verletzungen.

So etwas dürfte gerade in einer Profi-Ausbildungsstätte nicht vorkommen.

Man fragt sich, nach welchen Kriterien die Lehrer der „Staatlichen“ ausgesucht wurden.

"Jewels" von George Balanchine - immer begeisternd

Polina Semionova und Alejandro Virelles nach den „Diamonds“ in „Jewels“: frenetischer Applaus fürs Staatsballett Berlin. Aber Tänzer und Lehrer sind und bleiben zwei verschiedene Berufe! Foto aus der Deutschen Oper Berlin: Gisela Sonnenburg

Die Idee, nun ausgerechnet auch noch die Berliner Primaballerina Polina Semionova zur Honorarprofessorin für Teenager zu küren, trug zwar sowohl der Schule als auch der Künstlerin Publicity ein, war aber letztlich nicht die beste Wahl, die die Staatliche Ballettschule Berlin für eine gelegentliche Gastdozentin treffen konnte.

Sie bedient damit nur einen fatalen Trend: Prominente Tänzer werden als Lehrer angepriesen.

So etwas muss oft schiefgehen, denn Tänzer und Lehrer sind zwei völlig unterschiedliche Berufe.

Tänzer können aus ihrer subjektiven Perspektive ihre eigene Tanzarbeit und auch ihren Blick auf Ballett erklären. Aber sie können nicht mal eben auch Ballettlehrer sein. Im Gegenteil: Für aktive Bühnenkünstler ist der Blick auf den eigenen Körper viel wichtiger als der auf einen Schüler.

Aber die „Staatliche“ steht offenbar zu ihrem Konzept, Prominenz als Wert ernst zu nehmen und nicht weiter nach pädagogischer Qualität zu fragen.

Das umstrittene Sommerkurs-Projekt „berllet“, das sie zunächst aus ihrem Programm genommen hatte, wird nun – anscheinend mit Mietvertrag – wieder angeboten. Allerdings ohne Beteiligung der Lehrer von der „Staatlichen“.

Dafür tummeln sich dort weiterhin Stars vom Staatsballett Berlin, allen voran Noch-Intendant Johannes Öhman – ein Mann, der als Pädagoge nun gerade nicht besonders berühmt ist.

Was er vom Einhalten von Terminen hält, demonstrierte er vor wenigen Tagen. Da sagte er, zusammen mit Co-Intentendantin Sasha Waltz, ohne Begründung einfach die anstehende Jahrespressekonferenz vom Staatsballett Berlin ab.

Marek Rozycki in der Kritik

Mit gutem Vorbild voran? Johannes Öhman und andere Mitglieder vom Staatsballett Berlin halten im Sommer gern die Hand für überteuerte Kurse ab 900 Euro pro Teilnehmer und Woche auf. Man erhofft, ein Gesamtvolumen von rund 300 000 Euro für zwei Wochen zu erzielen. Mit dabei: die Staatliche Ballettschule Berlin als Vermieterin. Wie lukrativ! Faksimile von www.berllet.com: Gisela Sonnenburg

Das ist in etwa so, als wenn Angela Merkel der internationalen Journaille ausrichten lässt, sie habe gerade keine Lust auf kritische Fragen. Merkel würde das nie tun, aber für Öhman und Waltz ist das Recht der Öffentlichkeit auf kommunikativen Austausch offenbar nicht mal minimal verpflichtend.

Auch andere Mitglieder vom Staatsballett Berlin halten lieber im Sommer in der „Staatlichen“ die Hand auf, um abzukassieren, als konstruktiv zur Debatte um die Tänzerausbildung dort beizutragen.

Dabei stehen sie in Balletten wie „Nussknacker“ und „Schwanensee“ mit jungen Kollegen von der Schule zusammen auf der Bühne.

Aber auch wenn ehrgeizige Schüler schon für ein Selfie mit einem Star ziemlich viel tun würden:

Nebenbei-Ausbildungen, die im Schnelldurchgang zu einem pädagogischen Zertifikat führen, machen noch lange keinen guten Lehrer.

Hochkarätige Profi-Ballettausbilder sind über viele Jahre, in denen sie zunächst nur Anfänger unterrichtet und häufig bei älteren Pädagogen hospitiert haben, in den Lehrerberuf hineingewachsen. Das ist die konservative Art, Profi-Ausbilder im Ballett zu werden: Das Wissen wird von Generation zu Generation langsam weitergegeben.

Dem kann eine explizite Ausbildung vorangegangen sein. Sie allein würde aber nie einen guten Ballettlehrer machen.

Mit "Nijinski" hat Marco Goecke einen Coup.

Otto Bubenicek, Jiri Bubenicek und Anna Polikarpova in John Neumeiers „Nijinsky“ beim Hamburg Ballett. Foto: Holger Badekiow

So begann die ehemalige Primaballerina Anna Urban, unter ihrem Mädchennamen Anna Polikarpova einst ein Star, nach ihrer Ausbildung zur Pädagogin in Sankt Petersburg ihren Dienst an der Schule vom Hamburg Ballett – John Neumeier. Und zwar mit kleinen Kindern im Unterricht.

Obwohl Urban am liebsten gleich Teenager fürs Repertoire gecoacht hätte, zumal sie zeitlich noch nah an vielen Neumeier-Rollen dran war: Sie hat durch die Arbeit mit ganz jungen Kindern ihren pädagogischen Beruf von der Pike auf gelernt. Ihre didaktische Ausbildung war dafür nur der Grundstein.

Am renommiertesten hierfür ist das Waganowa-Institut in Sankt Petersburg, wo auch Urban lernte, aber auch andere Ausbildungsstätten weltweit bieten die Waganowa-Methode für Pädagogen an.

In Russland gilt übrigens zudem die weise Regel, dass ein Ballettlehrer desto besser sei, je älter er ist.

In Deutschland hingegen ernennen die Hochschulen nur Menschen unter 50, bei Kinderbetreuung bis zu 53 Jahren, zu ordentlichen Professoren. Haben die Deutschen früher Alzheimer? Solche Regeln ruinieren nicht nur die Ballettwelt, sondern einen ganzen Staat. Wenn man sich über die Bildungsmisere in diesem Land aufregen will, dann hat man hier einen Grund.

Wenn Autokonzerne ihre Manager grundsätzlich mit 60 Jahren in den Ruhestand schicken, so liegt das am sinkenden Testosteron-Spiegel der Führungskräfte, die darum dann nicht mehr so aggressiv sind. Aber was Wissen angeht, so blühen Menschen ab 50 erst so richtig auf.

Menschen über 60 einfach zum alten Eisen zu legen, fiele der authentischen klassischen Ballettwelt – ob in den USA, in Europaoder in Russland – nicht im Traum ein. Dort ist man stolz auf eine gute Ausbildung und auf möglichst viel Vollzeiterfahrung der Leute.

Und wie sieht es damit in Berlin aus? Die Homepage der „Staatlichen“ gibt – schon das ist eigentlich ein Skandal – keinerlei Informationen zu den einzelnen Lehrkräften an.

Ob Marek Rozycki nun eine seriöse Ausbildung zum Lehrer absolviert hat oder nicht, ist nicht eindeutig zu sagen. Eine diesbezügliche Anfrage läuft.

Marek Rozycki in der Kritik

Marek Rozycki wird hier als Lehrer von privat angebotenen Workshops in Italien angeboten. Ob er ein Diplom als Ballettpädagoge hat und wenn ja, welches, steht da nicht. Faksimile: Gisela Sonnenburg

Rozycki hat aber, wenn er als Lehrer bei Workshops nebenbei Geld verdiente, dort angegeben, er sei selbst nach der Methode Waganowa in Polen zum Tänzer ausgebildet worden. Das ist soweit durchaus glaubhaft.

Als Tänzer arbeitete er dann in Deutschland unter anderem unter der Tanztheaterfrau Reinhild Hoffmann und dem Berliner Ballettdirektor Peter Schaufuss.

Später habe Rozycki ein Jahr als Choreograf und Lehrer in ganz Europa gearbeitet, heißt es auf der Homepage eines italienischen Workshop-Anbieters.

Erst danach habe Rozycki in Paris am Centre National de la Danse seine Ausbildung zum Lehrer vollendet. Ob er überhaupt ein Zertifikat hat und wenn ja, welches, wird gar nicht erst erwähnt.

Seit 2018 und 2019 häufen sich nun offenbar die Beschwerden über Rozycki. Und auch außerhalb der Schule fiel er durch unübliche Entscheidungen auf.

Marek Rozycki in der Kritik

Blick auf die Homepage vom Tanzolymp: ein hoher internationaler Anspruch in Berlin. Faksimile von tanzolymp.com: Gisela Sonnenburg

Als etwa der renommierte Wettbewerb Tanzolymp zum 17. Mal in Berlin stattfand – im Februar 2020 –  fiel auf, dass die Staatliche Ballettschule Berlin an diesem internationalen Projekt erstmals nicht teilnahm.

Laut dem Veranstalter des Tanzolymp lag diese Entscheidung an der Schule, nicht an den  Organisatoren des Wettbewerbs.

So etwas ist schade, weil man den nachfolgenden Kindern und Jugendlichen einer Profi-Ballettschule damit die Chance eines international beachteten Auftritts nimmt, zumal es hier ein „Heimspiel“ gewesen wäre. Dabei darf es nicht nur ums Gewinnen gehen.

Und auch nicht nur ums Vorzeigen.

Aber genau das scheint der springende Punkt.

Als im April 2017 an Rozyckis Eliteschule das Landesjugendballett (LJB) gegründet wurde –  das im Gegensatz zu anderen Jugendballetten auch Minderjährige auf die Bühne schickt – stieg der schulinterne Leistungsdruck.

Ruhezeiten wurden übergangen, die Kinder behandelt wie eine verfügbare Masse, sagen Betroffene.

Der Sohn von Jürgen Schneemann war zwar nicht im LJB, stand aber im Dezember 2019 und Januar 2020 fast ein Dutzendmal mit dem Staatsballett Berlin im „Nussknacker“ auf der Bühne der Deutschen Oper Berlin.

Obwohl das damals 10-jährige Kind auch nach 21 Uhr solchermaßen noch arbeitete, musste es am nächsten Tag schon um 9.30 Uhr wieder in der Schule antreten, sagt Schneemann.

Als so genannter „Heimschläfer“, der nicht im Internat, sondern zuhause nächtigte, hatte der Junge zudem An- und Abfahrten. Und er trat auch in Doppelvorstellungen auf, also nachmittags und abends an einem Tag.

"Der Nussknacker" hebt die Stimmung!

Kinder, Kinder, was für süße Kinder beim Schlussapplaus nach „Der Nussknacker“ beim Staatsballett Berlin. Was manche von ihnen erduldeten, konnte man nicht wissen. Foto: Gisela Sonnenburg

Schneemann macht auch angesichts eines solchen Pensums sowohl dem Staatsballett Berlin als auch der Schulleitung – und zwar inklusive Marek Rozycki – den Vorwurf, sich nicht um das Kindeswohl gekümmert zu haben, sondern nur um die eigenen Interessen.

Schon in einem Bericht der Tagespresse von 2009 bezeichnete Rozycki junge Anwärterinnen für die Schule unverhohlen als „rohe Ware“.

Das zeigt seine Grundeinstellung zu den Zöglingen.

Rozycki hat zudem eine Verbindung in die auch nicht eben zimperliche Welt des Leistungssports: Sein Sohn Max Kepler-Rozycki, 27, hat einen millionenschweren Vertrag als Baseball-Profi in den USA unterschrieben, bei den „Minnesota Twins“.

Verleiht es Rozycki Autorität, dass er einen Millionär in der Familie hat?

Fühlt er sich dadurch automatisch im Recht, weil sein Sohn soviel Erfolg hat?

Ob Rozycki eine zu große Nähe des Balletts zum Sport pflegt, kann nicht von vornherein unterstellt werden. Zumindest aber ist diese nicht anzuraten, auch wenn selbsternannte Experten behaupten, reichlich Pilates (eine Form von Gymnastik) und viel Kraftsport-Training seien besser als das rein klassische Balletttraining.

Tatsächlich unterrichtet Rozycki seit 2018 vor allem Gymnastik an der „Staatlichen“.

Aber prinzipiell gilt:

Mit ballettfremden Bewegungen muss vorsichtig sein, wer sein Verletzungsrisiko nicht erhöhen will.

So waren die Balletttänzer früher – bis etwa dreißig Jahre zurück gesehen – viel weniger und weniger drastisch verletzt als heute.

Patrice Bart choreografiert

Choreograf und Ex-Étoile Patrice Bart in Berlin – er spürte neue interpretatorische Zwischentöne im „Schwanensee“ auf und kennt sich auch mit Tänzerverletzungen aus. Foto: Gisela Sonnenburg

Den Grund dafür nennt mir der ehemalige Pariser Startänzer Patrice Bart, dessen „Schwanensee“-Inszenierung demnächst beim Staatsballett Berlin wieder getanzt wird.

Für Bart, der als Assistent von Rudolf Nurejew seine Beobachtungsgabe schulte, steht fest:

„Es liegt an den vielen verschiedenen modernen Techniken, die Profi-Tänzer heute absolvieren müssen, dass sie relativ oft und schwer verletzt sind.“

Im Gegensatz zum klassischen Tanz sind die neuen Techniken nämlich nicht organisch über Hunderte von Jahren gewachsen und ausgereift.

Und anders als andere Tanztechniken hat klassisches Ballett eine Wurzel im Qi-Gong, ebenso wie in der Folklore und im höfischen Tanz. Diese drei Grundpfeiler sind wiederum in sich langsam gewachsene, körperaffine Bewegungsformen.

Da ist nichts künstlich von einer einzelnen Person erfunden und dann willkürlich als Bewegungssystem deklariert worden, wie es bei anderen Bewegungssystemen der Fall ist.

Das ist das große Problem mit all den modernen Techniken wie von Martha Graham, José Limón und Rudolf Laban und auch mit den ganz jungen Systemen wie von Nahad Oharin („Gaga“) undAnouk van Dijk („Countertechnique“).

Profi-Tänzer sind zwar oft begeistert von der Abwechslung, die ihnen zum Beispiel das System „Gaga“ von Oharin bietet. Aber dass sie ihre Körper dadurch in Gefahr bringen können, bedenken sie oftmals nicht.

Manche moderne Techniken, die viele Grundregeln vom Ballett übernehmen oder variieren, wie die des Amerikaners Lester Horton, können hingegen bereichernd für das klassische Ballett sein.

Aber generell sollte die Stärke des Balletts nicht in seinem Leistungsaspekt, sondern in seiner Ausdruckskraft und auch in seiner Heilkraft gesucht werden. Es gibt wissenschaftliche Studien dazu, dass das Ballett-Training nicht nur die Koordination, sondern auch das Sehvermögen stärkt.

Moderne Techniken und Gymnastiken haben hingegen vor allem ein erhöhtes Verletzungspotenzial zu bieten – und machen die Bewegungen schwer und kräftig statt leicht und anmutig.

Einfach nur weniger Klassik und dafür mehr moderner Tanzunterricht sollte also nicht das Ziel der Erneuerung einer Ballettschule sein. Das wäre ein Irrweg.

Eine großartige Vorstellung mit einem Vorspiel

Das war eine angemeldete Demonstration zum Thema „Rettet das Staatsballett Berlin!“ von Zuschauern und Ballettfans vor der Deutschen Oper Berlin im Jahr 2016. Johannes Öhman und Sasha Waltz, gegen die sich die Demo richtete, werden zum Januar 2021 vorzeitig gehen. Immerhin! Heute könnten Fans, die ballettösen Nachwuchs aus Berlin haben wollen, die Ernennung einer neuen Leitung der Staatlichen Ballettschule Berlin fordern. Foto: Gisela Sonnenburg

Es sollte vielmehr umgehend eine neue Leitung berufen werden, unter Einbindung von  international renommierten Ballettpädagogen.

Nur dann hat die Staatliche Ballettschule Berlin ihre Chance, an gute und sogar beste Zeiten anzuknüpfen.

Ballett ist schließlich nicht irgendeine Tanztechnik und schon gar nicht irgendein Sport, dennoch gibt es feste Regeln. Diese lassen Spielraum, vor allem für verschiedene Stile – aber sie verlangen immer eine Verbindung von Innen und Außen des Menschens.

Ballett motiviert, wenn man es richtig macht, Körper, Geist und Seele zugleich, fordert und fördert – und das kann sogar wortlos oder mit metaphorischen Umschreibungen animiert werden.

Die Praxis beweist: Drastische Beschimpfungen sind ganz sicher nicht notwendig, um hervorragende klassische Tänzer hervorzubringen. Strenge und Schärfe muss man allerdings abkönnen, wenn man sich zum Profi trainieren lassen will. Das ist im Leistungssport übrigens nicht anders.

Typisch für Ballett ist, dass bestimmte Muskeln und Weichteile benutzt werden, die andere Tanz- und Sportarten kaum kennen. Darum wirkt Ballett auch schön figurprägend– und so wunderbar leicht, obwohl es körperlich sehr anstrengend ist.

Gute Ballettlehrer achten auf die entscheidenden Grundsätze von Waganowa.

Sie haben Spaß am Unterricht, vermitteln die Freude zu tanzen, ohne sich auf formalistische Kritik zu beschränken. Das kommt an bei den Schülern, die im Gegenzug bereit sind, Bestleistungen zu erbringen.

So sagt die Mutter eines Hamburger Ballettschülers über ihren in der auch dort harten Ausbildung befindlichen Sohn: „Er geht jeden Tag fröhlich an die Ballettstange.“

Mag sein, dass es auch Eltern in Berlin gibt, die das sagen. Aber vor allem gibt es hier auch Eltern, die genau das Gegenteil zu berichten wissen. Das „Klima der Angst“ sei hier als Schlagwort genannt.

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Da ist in Berlin offenbar etwas entgleist. Systematisch und über Jahre hinweg. Die positiven Eigenschaften und Befähigungen von Ballettlehrern sind hingegen im Stab der „Staatlichen“ ganz deutlich zu wenig ausgeprägt.

Das muss sich ändern. Aber dazu braucht man eine neue Leitung – gerade weil Ballett eine Kunst ist, die eine starke Führung verlangt.

Mit Marek Rozycki wird es vermutlich keine positive Erneuerung der Ballettschule geben können. Er steht als jahrelanger Stellvertreter Künstlerischer Leiter in der Verantwortung. Und er hat seit Ausbruch des Skandals von sich aus nichts getan, um Reue oder Besserung zu geloben.

Damit ist er schlicht ungeeignet, eine erneuerte Bühnentanzabteilung zu leiten. Das gilt auch für den Fall, dass sich die Putzstrafenvorwürfe nicht erhärten.

Auch die jetzige Leiterin der Schule, zuvor die Stellvertreterin ihres Vorgängers, Antje Seike muss sich vorwerfen lassen, den verkommenen Apparat, der offenbar nur auf Leistungswahn setzte, jahrelang als Teil der Führung mitgetragen zu haben.

Auch Seike hat jahrelang offenkundig nicht so genau hingesehen.

Es geht aber nicht nur darum, was die Leitung wusste. Es geht auch darum, was sie nicht wissen wollte.

Für junge Musiker ist offenbar Platz im Internat der Staatlichen Ballettschule Berlin, Erich-Weinert-Straße 103 in Berlin. Faksimile von musikgymnasium-berlin.de: Gisela Sonnenburg

Als Nachfolgerin von Ralf Stabel verantwortet Seike derzeit eine weitere Kuriosität:

Das Musikgymnasium Carl Philipp Emanuel Bach aus Berlin-Mitte bietet auf seiner Homepage staatlich geförderte, darum sehr preiswerte Internatsplätze mit der Adresse der „Staatlichen“ an, und zwar für Gasthörer der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. Die Adresse der Internatsplätze: Erich-Weinert-Straße 103 in Berlin-Prenzlauer Berg.

Musikalisch Begabte „aus der ganzen Welt“ sollen so gefördert werden.

Und die Ballettkinder? Sind die Plätze im Ballettinternat nicht für sie gedacht?

An sich gelten die Internatsplätze der „Staatlichen“ als heiß begehrt.

Eine neue Leitung der Staatlichen Ballettschule Berlin sollte hier Klarheit schaffen.

 

Iana Salenko und Marian Walter in der Staatlichen Ballettschule Berlin

Und noch ein Lächeln zum Abschied nach einem Termin im Januar 2020: Salenko, Walter, Seyffert, Stabel und die Staatliche Ballettschule Berlin. Professorengehälter an einer Ballettschule sind allerdings nicht Pflicht. Foto: Gisela Sonnenburg

Einer neuen Leitung auch des Bühnentanzbereichs – die ohne Professoren-Status auskommen kann und somit längst nicht so hochbezahlt wäre wie weiland Prof. Ralf Stabel und Prof. Gregor Seyffert – sollte unbedingt eine Chance gegeben werden.

Ein nach und nach stattfindender Austausch nicht weniger Lehrer wird dann vonnöten sein – denn zu erdrückend sind die Indizien und Beweise dafür, dass der vorhandene Lehrkörper nicht genügend Qualität aufweist.

Den gesamten klassischem Tanz gewissermaßen zu diskreditieren und aus der „Staatlichen“ eine Schule für Contemporay Dance oder für ähnliche Bewegungskünstler zu machen, wäre allerdings keine Lösung.

Das würde bedeuten, den Regelverletzern wie Stabel, Seyffert und Rozycki Recht zu geben.

Klüger wäre es, zum Beispiel Gigi Hyatt, die international anerkannte Lehrerin und Pädagogische Leiterin der Ballettschule vom Hamburg Ballett – John Neumeier zu Rate zu ziehen.

Sie hat in den USA und in Deutschland genug Erfahrung als Pädagogin und Schulleiterin gesammelt, um Personen zu empfehlen, die für einen Neubeginn der Staatlichen Ballettschule Berlin als tanzpädagogische Leiter und Lehrer geeignet sind.

Hier herrscht wirklich Handlungsbedarf, wenn Berlin nicht vor menschlichem Versagen einknicken will.

Statt nur auf den Fehlern herumzuhacken, die an der „Staatlichen“ gemacht wurden, sollte zeitnah auch an die Gegenwart und Zukunft der Betroffenen gedacht werden.

Die Werkstatt der Kreativität reüssiert.

Gigi Hyatt, die Pädagogische Leiterin der Ballettschule vom Hamburg Ballett – John Neumeier hat einen guten Ruf und viel Erfahrung. Foto: Kiran West

Da sind Kinder und Teenager zu unterrichten, zu prüfen und auf ihren Beruf vorzubereiten, und es sollte möglichst rasch und fließend damit ein Neuanfang gemacht werden.

Dafür sollte – unter einer neuen Leitung – jede einzelne Lehrerin, jeder einzelne Lehrer der „Staatlichen“ überprüft werden. Während des Unterrichts wie in Gesprächen.

Das nun anzugehen, ist keine kleine Sache, aber es ist eine, die keinen Aufschub duldet.
Gisela Sonnenburg

www.ballettschule-berlin.de

www.staatsballett-berlin.de

www.berllet.com

 

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