Wo ist der Zar? – Er ist beeindruckt… In Dresden premierte das selten komplett gezeigte "Impressing the Czar" von William Forsythe

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Kuddelmuddel und Virtuosität, Kirschen und Viktorianische Strenge: Es gibt fast nichts, was das Ballett „Impressing the Czar“ („Den Zaren beeindrucken“) nicht beinhaltet oder zitiert… und zwar mit hinterfotzigem Humor! Foto: Ian Whalen

Chaos, Ironie, Ballett, Theater, Grazie, Witzigkeit, Virtuosität, Parallelität, Kuddelmuddel – eine Frau, ein Mann, viele Frauen, viele Männer, japanische Schulmädchen als Massenbedrohung, elegante artistische Attitüden, die Suche nach dem eigentlichen Star – und sozusagen NO WAY IN NOR OUT. Das ist „Impressing the Czar“ von William Forsythe: ein Vierakter, der kein Ballett sein will und es doch mit aller Macht ist.

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Der berühmte zweite Akt aus dem „Zaren“: „In the Middle, Somewhat Elevated“. Satire auch hier, gepaart mit strenger, technisch dominierter Eleganz: Mann und Frau im postmodernen Drive. Beim Semperoper Ballett in Dresden. Foto: Ian Whalen

Uraufgeführt 1988, ist nur der zweite Akt, der schon ein Jahr zuvor entstand („In the Middle Somewhat Elevated“),  bislang berühmt geworden: mit schnittigen elastischen Paartanzübungen, die modern oder besser postmodern die Mechanik der Mann-Frau-Beziehungen komprimieren, karikieren und konstruktiv kritisieren.

Impressing the Czar ist wichtig.

Ein Eindruck von der Premierenfeier: Der Meister in der Mitte (William Forsythe, vergnügt und witzig), flankiert vom Dresdner Ballettstar Jiri Bubenicek (rechts), der mit Sonnenbrille krimireif ausschaut, und Jiris Freundin Nadina Cojocaru, eine intelligente und kreative Persönlichkeit, die nicht mit der Londoner Tänzerin Alina Cojocaru verwandt ist. Cheers!!! Have a nice cup of something!!!!!! Foto: privat

Das Ganze ist aber ein Konvolut mit Hintergrund! Zur Zeit – weit nach Mitternacht – tobt in Dresden noch die Premierenfeier, mit einem hervorragend gelaunten Forsythe mit schwarzer Intellektuellenbrille. Die Party ist aber entgegen so mancher Spekulation nicht wirklich Teil des Gesamtkunstwerks von Forsythe! Sonst würde sich vielleicht auch auf der Homepage des Meisters ein Hinweis darauf finden.

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Kreisförmig ist die Hoffnung bei William Forsythe… und am Ende steht das Licht, das unendliche… ein Blick auf Forsythes Homepage versetzt in alarmierend meditative Stimmung. Vielleicht müssen bald Tänzer oder Dompteusen durch den großen Reif springen? Oder ist er rein virtuell? Faksimile: Gisela Sonnenburg

Forsythes Home feiert indes asiatischen Purismus und die tageshell erleuchtete Bodenlosigkeit der Ringform. Wie man sieht! Die uhrenähnliche Kreisform des Rings erinnert an die vergehende Zeit und macht eine drastische Entschleunigung notwendig. SLOW ART NOW: In der zweiten Hälfte der kommenden Woche wird zum neuen Glanzstück des Semperoper Balletts noch viel mehr stehen. Denn der Zar, der im übrigen vermisst wird, soll schwer beeindruckt sein… Vorerst muss aber der ausführliche Vorabbericht genügen, er nennt auch die weiteren Aufführungsdaten: www.ballett-journal.de/semperoper-ballett-czar/
Gisela Sonnenburg

www.semperoper.de

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