Ein Meister der Leichtigkeit Mit den „Chopin Dances“ zeigt das Hamburg Ballett zwei Ballette von Jerome Robbins

Chopin Dances von Jerome Robbins beim Hamburg Ballett

Brillanz und Nostalgie in höchster, und zwar damenhafter Vollendung: Auch der klassisch-elegante Spagatsprung, das Grand jeté, findet Platz in „Dances at a Gathering“, zu sehen in „Chopin Dances“ beim Hamburg Ballett. Foto von 2010: Holger Badekow

Es war im Jahr 1969, als John Neumeier (Intendant vom Hamburg Ballett) zum ersten Mal das Ballett „Dances at a Gathering“ von Jerome Robbins sah. „Ich wünschte mir damals, eines Tages eine Compagnie zu haben, mit der ich das machen könnte“, sagte Neumeier rückblickend nach der Hamburger Premiere dieses kniffligen Stücks, die am 5. Dezember 2010 stattfand. Unter dem Titel „Chopin Dances“ – was man mit „Chopin-Tänze“, aber auch mit „Chopin tanzt“ übersetzen kann – werden die „Gathering-Dances“ wieder zusammen mit dem Robbins-Ballett „The Concert“ in Hamburg gezeigt. Für die Tänzer, so die Hamburger Ballettmeisterin Leslie McBeth, wird der einerseits sehr konzise, andererseits auch komödiantische Stil des Amerikaners Robbins eine hervorragende Übung sein. Und für das Publikum bedeutet er eine willkommene Abwechslung – mit Hintergrund-Aspekten. Laut Neumeier hat Robbins einen besonderen Stellenwert, im Ballettgefüge allgemein wie auch im Werk des Wahl-Hamburgers.

Denn: „Als einer der Choreografen vor meiner Generation hat er neben Antony Tudor die wichtigsten Einflüsse für meine choreografische Vision geliefert“, so John Neumeier. Und weiter: „Innerhalb der darstellenden Künste ist er für mich einer der größten Schöpfer des zwanzigsten Jahrhunderts.“

Dabei weiß Neumeier um die Vielseitigkeit von Robbins: „Er hat nicht nur für das klassische Ballett gearbeitet, sondern auch für den Broadway.“ Mit Broadway-Musicals wie „Anatevka“ von 1964 und zuvor schon der „West Side Story“ von 1957 wurde Robbins (1918 – 1998) denn auch als Choreograf sowohl reich als auch weltbekannt. Dass er sich später dem Ballett zuwandte, knüpfte an seine künstlerischen Ursprünge an: Er hatte den Beruf des Tänzers in New York gelernt, unter anderem übrigens bei Antony Tudor.

Chopin Dances von Jerome Robbins beim Hamburg Ballett

Sie bezauberten 2009 bei der Nijinsky-Gala in Hamburg: Silvia Azzoni und Vladimir Malakhov in „Afternoon of a Faun“ von Jerome Robbins. Ein Tänzer trifft darin im heißesten nur denkbaren Sommer auf eine Ballerina… Foto: Holger Badekow

Unter den vielen Stücken, die Robbins als Choreograf in New York kreierte, haben „Fancy Free“ von 1944 und „Afternoon of a Faun“ von 1953 spezielle Erfolge zu verzeichnen. Ersteres gehört auch zu den Stücken, die John Neumeier vor allen anderen Robbins-Stücken beeindruckten. Und Robbins’ Neuinterpretation vom „Faun“ zählt bis heute zu den bravourösesten neoklassischen Gala-Stücken. Es hat ein so stimmungsvolles Flair. Neumeier lobt Robbins denn auch in den höchsten Tönen: „Er repräsentiert mit das Beste, was das amerikanische Theater und der amerikanische Tanz hervorgebracht haben.“

Entgegen der Strenge und Klarheit der Schule von George Balanchine ist bei Jerome Robbins stets ein gewisses spielerisches Element zu verzeichnen (Mehr auch hierzu in der Rezension: www.ballett-journal.de/hamburg-ballett-chopin-dances-robbins-gathering-concert-2017/).

Die „Dances at a Gathering“ („Tänze bei einem Treffen“) referieren zudem mit stilistisch stark überformten folkloristischen Elementen auf die polnische – polnisch-jüdische – Herkunft von Robbins’ Ahnen. Auch John Neumeier wuchs übrigens mit polnischen Schlafliedern auf; seine Mutter Lucile war polnischstämmig. Wie auch Frédéric Chopin, dessen Musik diesen Abend bestreitet.

Onegin von John Cranko kommt erstmals ins Kino

Am besten, man sichert sich jetzt schon mal die Tickets: „Onegin“ gibt es auf keiner DVD – und jetzt kommt das Kult-Ballett von John Cranko mit den Stars vom Stuttgarter Ballett – Ehrengast: Marcia Haydée – in die Kinos. Nur am 23. September 2018! Bitte hier klicken und sich ein Kino aussuchen! Viel Spaß! Faksimile: Anzeige

1969 wurden die „Dances at a Gathering“ in New York uraufgeführt, unter anderem mit Allegra Kent, Violette Verdy, Patricia McBride sowie Edward Villella und John Clifford besetzt. An hintersinniger Raffinesse bei hochgradiger technischer Schwierigkeit, die vor allem den Eindruck der Mühelosigkeit erwecken soll, ist dieses Stück kaum zu überbieten. Inhaltlich setzt es den Klavierklängen der Chopin-Musik eine gewisse Eigenständigkeit entgegen.

Ich habe „Dances at a Gathering“ mal als Utopie eines Neubeginns der Weltgesellschaft gedeutet.

Denn die fünf Frauen und fünf Männer, die hier auftanzen und die jeweils nur nach der Farbe ihrer Kostüme bezeichnet sind (und da hat jeder eine Farbe für sich), scheinen sich zwar wie zufällig bei einer Festivität – etwa einer Familienfeier auf dem Lande im alten europäischen Polen – zu treffen. Aber hinter der Nostalgie und Behaglichkeit des Beisammenseins stehen ernstzunehmende Bande und Beziehungen von Menschen. Und die schwebende Leichtigkeit, als deren Meister sich Jerome Robbins hier erweist, wird ganz offenkundig aus erfrischend experimentellem Geiste geboren. Mehr Aufschluss gibt eine kurze Analyse:

Der Himmel, der hier den Hintergrund bildet, ist knallblau, von einer schimmernden Wolkenformation gekrönt. Legendär ist dazu das Lichtdesign von Jennifer Tipton. Ansonsten ist die Bühne frei für den Tanz, frei für das Leben, ein Feld ohne Bebauung, ohne Anmaßung, ohne Erwartungshaltung.

Chopin Dances von Jerome Robbins beim Hamburg Ballett

Paartänze gibt es nicht zu knapp in „Dances at a Gathering“, in den „Chopin Dances“ beim Hamburg Ballett. Foto von 2010: Holger Badekow

Zu Beginn tritt ein männlicher Tänzer in Aktion, er eignet sich das Spielfeld an, schreitet es ab, betrachtet den Himmel, bringt sich solchermaßen in Relation zur wilden Natur. Die weiteren Protagonisten erscheinen – es bilden sich wechselnde Paare und Partnerschaften. Die Charaktere der einzelnen Darsteller werden dabei immer prägnanter erkennbar. Schließlich hat wieder der Mann vom Beginn das gestische Wort, er kniet sich nieder und streicht sanft über den Boden. Er streichelt die Erde, sozusagen, während die anderen ihm dabei voll Wohlgefallen zusehen. Die kultische Bedeutung dieser scheins spontanen Gebärde der Streicheleinheit der Natur gegenüber ist unübersehbar! Eine Welle der Harmonie erfasst denn auch daraufhin die Gruppe, die jetzt einen elegant-elegischen Reigen der unzerbrechlichen Freundschaft tanzt. Die Zukunft hat scheinbar mit fröhlichem Mut bereits begonnen! Oder ist all dies nur ein Traum? Zeigt Robbins hier das Paradies, wie es auf Erden nie sein wird? Der Zwiespalt beider Möglichkeiten bleibt in diesem Ballett offen. Aber das utopische Ziel wird von ihm dennoch klipp und klar formuliert!

Das Stück entstand für das New York City Ballet, und es bezeichnet eine Art Referenz von Jerome Robbins an den polnischen Komponisten Frédéric Chopin. Walzer und Mazurken, Etüden und ein Scherzo werden hier zur hehren, hintergründig heiteren Klangkulisse.

Und wenn es einen Komponisten gibt, den man eigentlich immer irgendwie „vertanzen“ kann (und es ist nicht Tschaikowsky), dann ist es Chopin. Seine Pianokompositionen sind zugleich wehmütig und diszipliniert, niemals so ausufernd pathetisch wie bei anderen Romantikern, auch niemals so wild und himmelsstürmend. Dafür aber von einer Tiefe und Beseelung, die sich im oft synkopischen Rhythmus wiederfindet.

Es ist sozusagen durchgestylte Passion, die Chopin bietet.

Chopin (1810 – 1849), der vor allem in Paris wirkte und dort auch an Tuberkulose starb, steht daher für die tanzbare Klavierweltmusik schlechthin.

Chopin Dances von Jerome Robbins beim Hamburg Ballett

Beim Stuttgarter Ballett wurde „Die Kameliendame“ 1978 uraufgeführt. Auf dem Bild sind, aus jüngster Zeit, Alicia Amatriain und Jason Reilly aus Stuttgart in dem „Ballett aller Ballette“ zu sehen. Foto: Stuttgarter Ballett

Auch John Neumeier ließ sich oftmals hiervon inspirieren, choreografierte verschiedentlich zu Chopin, vor allem und als erstes mit „Die Kameliendame“, deren Uraufführung 1978 beim Stuttgarter Ballett reüssierte. Viele sehen darin das Ballett aller Ballette, das vom Symbolgehalt wie von der Beliebtheit her etliche Klassiker abgelöst hat.

Mit „Nocturnes“ (zuletzt von den Kandidatinnen beim Prix de Lausanne 2017 interpretiert: www.ballett-journal.de/bundesjugendballett-prix-de-lausanne/) schuf sich Neumeier später ein kürzeres, aber auch ergreifendes  Chopin-Stück, als Ergänzung zu seiner Choreografie zu Gustav Mahlers siebter Sinfonie.

Aber auch in Neumeiers genialem Tanzdrama „Nijinsky“ findet sich etwas von Frédéric Chopin. Und mit dem „Chopin Dialogue“ kreierte der Ballettdoyen dann 2011 einen exquisiten Pas de deux für die Megaballerina Diana Vishneva und den galanten Ballerino Thiago Bordin (damals beim Hamburg Ballett, heute beim Nederlands Dans Theater tanzend).

Chopin Dances von Jerome Robbins beim Hamburg Ballett

Romantik mit Galan: „Les Sylphides“ von Mikhail Fokine, hier ein Standbild aus dem Trailer des American Ballet Theater, wie es bei youtube zu sehen ist. Videostill: Gisela Sonnenburg

Das erste bekannte Ballett überhaupt nach den Klangkaskaden von Chopin ist zugleich das erste abstrakte klassische Ballett in der Geschichte des Bühnentanzes: „Les Sylphides“ (in Russland zumeist „Chopiniana“ genannt) von Mikhail Fokine, uraufgeführt 1909. Mit den wadenlangen weißen Tüllröcken dieses Ballet blanc und mit der sentimentalen Ausdrucksweise des einzigen Mannes unter lauter Frauen darin haben die Ballette von Robbins und Neumeier allerdings nicht viel zu tun. Sie haben sich befreit von der Vorgeschichte der romantischen Epoche, in der die Schönheit der Ballerinen unbedingt überirdisch und eher totenähnlich als vital zu sein hatte.

Geradezu grotesk ist zudem der Humor in „The Concert“, das diese Spielzeit übrigens auch vom Ballett am Rhein getanzt werden wird.

Clownesker Slapstik und eine stummfilmartige Pantomimik machen das Stück nachgerade zu einem lebendigen Gegensatz zu den „Dances at a Gathering“. „The Concert“ wurde allerdings bereits 1956 uraufgeführt. 1958 gab es dann eine Neufassung mit den Kostümentwürfen von Saul Steinberg, die noch heute verwendet werden – und die sich das Hamburg Ballett vom Royal Ballet in London ausleiht.

Jerome Robbins tobte sich als noch junger Mann mit dem „Concert“ so richtig aus, vor allem, was seine Lust an Schabernak angeht.

Zumal er hier die Grundsituation der Liebe zur Musik und zum Tanz persifliert: das Musikhören.

Chopin Dances von Jerome Robbins beim Hamburg Ballett

Jerome Robbins, wie er nach einer Suche von Bildern bei Google erscheint. Faksimile: Gisela Sonnenburg

The Concert“ illustriert nämlich die geheimen Wünsche, Ängste und Sehnsüchte der Zuhörer während eines klassischen Konzerts. Ein Choreograf muss da zusehen, wie sein Werk von den Tänzern zerstört wird, eine Horde süßer Schmetterlinge wird gejagt, und Ehekonflikte eskalieren gedanklich bis zu Mordgelüsten!

Was halt alles so passieren kann, wenn man die Gedanken zu schöner Musik treiben lässt… (Mit Verlaub, mein Traum ist nicht dabei, Ihrer sicher auch nicht – aber es geht hier ja auch um eine Gesellschaftssatire.)

Zunächst steht, ganz seriös, ein Klavier auf der Bühne. Und die Tänzer bringen sich ihre Klappstühle mit – sehr modern und eigenwillig mutete das damals, zur Zeit der Uraufführung Ende der 50er Jahre, an.

Die Imaginationen, die dann zur edlen Pianomusik zelebriert werden, haben nicht selten die Anmutung ironischer Brechung. Scherz, Satire, Parodie sind Trumpf: etwa wenn eine fanatische Musikenthusiastin, ein schwärmerischer Student und eine unglückliche Ehefrau im Konzert aufeinander treffen.

Aber treffen sie überhaupt aufeinander?

So witzig das Stück vordergründig auch wirkt, so traurig ist es doch beim näheren Hinschauen. Denn die Personen agieren nur in ihren Träumen wahrhaftig miteinander: Dann instrumentalisieren sie einander, um ihre Wunschvorstellungen oder auch Alpträume vorübergehend und für die Dauer eines Konzerts wahr werden zu lassen.

John Cranko wird 90

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Da gibt es die flatterhaften Schmetterlinge und ihren Jäger mit riesigem Netz; es gibt einen notorischen Frauenhasser; eine (verhinderte) Gattenmörderin; ein fetziges männliches Solo zum „Minutenwalzer“; einen Traum von Schönheit und Harmonie und vieles weitere. Alles ist rasant und furios in Szene gesetzt.

Das Banale trifft auf das Abgründige, das Offensichtliche auf das Mysteriöse. Robbins mischt hier alles, was nur theatralen Stoff hergeben kann – schamlos und ohne Rücksicht auf Klischees, Sexismen oder Diskriminierung.

Wichtig ist hier vor allem eins: Das superschnelle Tempo der Komödie. Tatsächlich: Nur selten wird man von einem Ballett so häufig zum Kichern und Schenkelklopfen genötigt!

Das ist derweil kein Zufall.

’The Concert’ ist ein Musterbeispiel für hervorragendes Timing“, sagt begeistert der Ballettmeister und Erste Solist vom Hamburg Ballett, Lloyd Riggins.

Er, Neumeiers Stellvertreter und avisierter Nachfolger, war schon 2010 bei der Einstudierung der Robbins-Stücke in Hamburg dabei, er kooperierte mit den aus New York angereisten Coaches vom Jerome Robbins Rights Trust. Das waren Susan Hendl und Ben Huys für die „Dances“ und Jean-Pierre Frohlich für „The Concert“. (Dieses Jahr müssen Huys und Frohlich genügen.)

Übrigens ist die Musik von Chopin im „Concert“ orchestriert worden, und zwar von Clare Grundman: Schließlich geht es hier im Stück um jenes cineastische Erlebnis, das gerade Konzertmusik in den Köpfen der Zuhörer auslöst. Da vermag ein ganzes Orchester mit Piano schon vom Klang her viel mehr auszurichten als ein Klavier allein. Es wirkt einfach emotionaler und überwältigender mit vielen verschiedenen Instrumenten.

Chopin Dances von Jerome Robbins beim Hamburg Ballett

Witzig, schräg, gar nicht typisch für Ballett: „The Concert“ von Jerome Robbins, hier 2010 beim Hamburg Ballett. Foto: Holger Badekow

Insofern ist „The Concert“ aber auch ein Plädoyer für Live-Konzerte, für Live-Aufführungen überhaupt – denn nur diese haben genügend Intensität, um solche der Traumarbeit ähnlichen Illusionen zu bewirken.

Wie verschieden die individuellen Ideen der Zuhörer dabei sind, zeigt „The Concert“ exemplarisch. Allerdings ist die Satire hierin oftmals poetisch, nur selten boshaft.

Die tänzerische Gestaltung der wandelnden Karikaturen darin ist indes alles andere als einfach.

Chopin Dances von Jerome Robbins beim Hamburg Ballett

Lloyd Riggins arbeitete bereits 2010 mit den Robbins-„Abgesandten“ aus New York an den Stücken von „Chopin Dances“ beim Hamburg Ballett. Foto: Kiran West

Lloyd Riggins bringt es so auf den Punkt: „Man muss zwar präzise arbeiten, sollte aber locker bleiben können.“ Den schauspielerischen Elementen, die beim Hamburg Ballett besonders überzeugen, räumt er zudem eine gewisse künstlerische Freiheit ein: „Ich kann niemandem vorschreiben, wie es geht. Das wäre unsinnig. Aber ich kann helfen, die Quelle zu finden, damit es fließt.“

Und da ist noch etwas, das Riggins und die Tänzerinnen und Tänzer vom Hamburg Ballett während der Arbeit mit den Robbins-Leuten immer wieder zu hören bekamen: „Ihr müsst menschlich sein!“ Das schärfen die Trainer aus New York den Robbins-Interpreten ein wie ein neuartiges ABC.

Chopin Dances von Jerome Robbins beim Hamburg Ballett

Eine starke Frau, sehr menschlich tanzend: in „The Concert“ beim Hamburg Ballett. Foto von 2010: Holger Badekow

Überraschend ist diese Akzentuierung für den gebürtigen New Yorker Riggins nicht: „Was beiden Choreografen – Neumeier und Robbins – gemeinsam ist, ist so ein menschliches Moment in ihren Werken.“

Mensch und Tanz, Mensch und Ballett – das Menschliche muss darin seinen Platz haben, sonst wäre der Sinn der Kunst verfehlt.

Chopin Dances von Jerome Robbins beim Hamburg Ballett

John Neumeier hat untrüglichen künstlerischen Instinkt – und weiß, wann was geht und wann nicht. Foto: Kiran West

Ein anderes Projekt verwarf Neumeier allerdings: Ursprünglich hatte er 2010 geplant, zu den beiden Robbins-Stücken in „Chopin Dances“ eine eigene Neukreation zu platzieren. „Polonia“ sollte sie heißen und von der Heimatliebe des im Dritten Reich zum Migranten gewordenen polnischen Komponisten Andrzej Panufnik (1914 – 1991) erzählen. Daraus wurde nichts. Neumeier stand im Ballettsaal und mochte zur hochgradig melancholischen Musik nicht choreografieren.

Es gehört zur Größe eines Künstlers, eine Sache fallen zu lassen, wenn sie künstlerisch nicht genügend fruchtbar zu werden droht. Nicht nur darin ist John Neumeier ein unerreichtes Vorbild. Sich nun die Robbins-Stücke anzuschauen, heißt, sich mit einer wesentlichen Wurzel von Neumeiers Werk zu beschäftigen – und das kann nur richtig und wichtig sein.
Gisela Sonnenburg

Termine: siehe „Spielplan“

www.hamburgballett.de

 

 

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