Viren sind keine Wunderwerke Hamburg und Dresden vor, dort wird noch getanzt und gesungen! Ansonsten sind neue Aktivitäten fällig: Live-Streams, digitale Dance Summits, in die sozialen Medien übertragene Trainings… und Online-Podiumsdiskussionen zur Situation des Tanzes

Sie steht nach wie vor auf dem Spielplan vom Dresdner Semperoper Ballett, ohne Absage: „Carmen“ – passioniert von Ayaha Tsunaki getanzt – lässt sich von Jón Vallejo als Don José nicht zähmen. Johan Inger hat das eindringlich choreografiert. Foto: Ian Whalen

Warum Trübsal blasen? Noch sind die meisten von uns höchstens von Corona-Panik befallen, nicht aber vom Virus, und der Ärger über das Robert-Koch-Institut, das null Vertrauen in die Verhaltensfähigkeit von Menschen hat, müssen wir nicht teilen. Wer erkältet ist, huste bitte in seine Mundschutzmaske (oder bleibe abends halt daheim) – aber der Rest von uns möchte bitte seine Lebenszeit weiterhin nutzen und Ballett und Kultur genießen. Aber wie? Der gesunde Menschenverstand und der technische Fortschritt haben da im 21. Jahrhundert einige Möglichkeiten parat (auch wenn unsere Intendanten und Politiker da von allein offenbar nicht drauf kommen). Also: Wenn ich was zu sagen hätte, es würde selbstverständlich in allen Theatern, Konzerthallen, Kinos, Museen und Opernhäusern Vorstellungen geben, sogar mehr denn je, allerdings unter leicht zu ergreifenden Schutzmaßnahmen. Hier ein paar Vorschläge zur Güte: Opernhäuser, Kinos, Musicals und Theater müssen ihre Kartenkontingente halbieren: jede zweite Reihe bleibt leer. Dann kommen wir in Deutschland auf gut verteilte Besuchermengen von maximal etwa 800 Personen pro Vorstellung. Damit müsste doch sogar Robert Koch leben können?

Außerdem sollte die soziale und kulturelle Kommunikation über das Fernsehen und  Internet befeuert werden.

Ballette sind Wunderwerke– im Gegensatz zu Viren– und wirken auch in den neuen Medien phänomenal.

Der eine oder andere Sender aus der ARD-Kette könnte das Programm ändern und – gern auch von Geistervorstellungen– die eine oder andere Live-Aufzeichnung senden.

Live-Streams von den Vorstellungen – wie es das Bayerische Staatsballett am Samstag, den 21. März 2020 plant – sollten eine prima Übung auch für künftige Seuchenausbrüche sein.

Ebenfalls als Stream – wenn Zensoren Bedenken haben, live zu senden, dann eben nach dem Censor’s cut – können Interviews und Podiumsdiskussionen, Probenaufnahmen und dramaturgische Erläuterungen bisher ungefragte Fragen rund um Oper und Ballett lösen und so zu Inspiration und Erweckung führen.

Öffentliche Fragestunden via Internet können Bürger und Kultur nah zusammenrücken lassen, ganz ohne Infektionsrisiko, und solchermaßen hat die Kultur gleich auch noch Education- und PR-Effekte, ohne superteuren Aufwand.

Besonders mutige Ballettchefs lassen aufgrund der traurigen Ausnahmesituation sogar ihre Trainings online gehen – und wer ein Talent in Animation im Team hat, lässt auch noch eine schöne runde Home ballet class für Laien und Semiprofis online anleiten.

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Es muss doch nicht immer Gymnastik mit dem BR am frühen Morgen sein! Es sollte auch mal Ballett mit einer anspruchsvollen Musik im Hintergrund sein.

Ich bin mir sicher, es gibt noch weitere Möglichkeiten, das Opernhaus sinnvoll auch in Corona-Zeiten zu nutzen.

Was hingegen gar nicht geht, ist zum Beispiel in Berlin die Realität: Intendanten strecken ohne Debatte die Waffen, schließen in vorauseilendem Gehorsam das ganze Haus, stellen sich dumm und faul und verweigern sich der ballett- und kulturhungrigen Bürgerschaft, von deren Interesse sie ja leben, einfach ganz.

Das ist ein Zustand, der nichts als „Buuuuh!“ verdient – und man sollte überlegen, ob man nicht trotz Corona-Panik dagegen eine Demonstration beantragt. Mit Mundschutzmasken dürfte die sogar weitgehend gefahrlos verlaufen. Man braucht allerdings eine Ausnahmegenehmigung vom Vermummungsverbot.

Die Fakten sprechen ohnehin dafür, dass die ganze Hysterie lediglich auf der Tatsache beruht, dass es ein neuartiger und unbekannter Virus ist, der uns jetzt bedroht – statt der tatsächlich mindestens genauso gefährlichen bekannten Viren.

„Insgesamt weniger dynamisch als etwas eine Maserninfektion“, sagt ein Experte, um den Coronavirus COVID-19 sachlich zu charakterisieren.

Und: Jedes Jahr sterben Menschen in Deutschland an einem ähnlichen Virus, nämlich an einer normalen Grippe. 2017 waren es zum Beispiel  1.176 Menschen, in manchen Jahren sind es noch deutlich mehr.

Corona ist also im Grunde nichts Besonderes. Es ist nur neu.

Und: Statt Panik zu verbreiten, sollten sinnvolle Verhaltensweisen angeregt werden.

Corona-Hysterie

Noch eine starke Frau: Marina Rebeka als „Norma“ in der unbedingt sehenswerten Inszenierung von Yona Kim an der Hamburgischen Staatsoper. Jawohl, sie steht ohne Absage auf dem Spielplan! Foto: Hamburgische Staatsoper

Bei dieser Gelegenheit ein supergroßes Lob ans Hamburg Ballett und an die Hamburgische  Staatsoper, ebenso an die Dresdner Semperoper und ans Semperoper Ballett: Dort wird die Kultur nicht einfach weggesperrt, sondern alle Vorstellungen laufen. Super.

Ansonsten sind ohne Widerstandskraft eingeknickt: die Berliner Opernhäuser, das Stuttgarter Opernhaus, das Theater-, Ballett- und Opernwesen in Dortmund, das Bayerische Staatsballett im Nationaltheater usw. .…

Aber überall gilt weiterhin: Bevor die Krankheit ausbricht, ist sie nicht ansteckend.

Es ist von daher außerordentlich seltsam, dass dennoch so viele Kulturstätten bundesweit einfach geschlossen werden. Als könnten wir Menschen uns nicht benehmen, als würden wir uns dauernd anspucken, willkürlich anniesen und willentlich infizieren – und als wäre die Krankheit vom Tisch, wenn nur keine Oper mehr gesungen und kein Ballett mehr getanzt wird.

Also: Öfter mal Hände waschen (bei jedem Nachhausekommen!), vorher nicht ins Gesicht fassen, erst nach dem Händewaschen mit den Fingern essen, auf feucht-fröhliche Gelage verzichten – und für alle Fälle ein paar Desinfektionstücher mit sich führen. Dann hat man einige Sicherheit.

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Auf Kultur zu verzichten, ist allerdings die unsinnigste Maßnahme, und man fragt sich, warum sie unseren ehrenwerten Führungsgehirnen einfiel. Wurden Opernhäuser da mit FRIDAYS FOR FUTURE verwechselt?

Der Wettbewerb läuft: Welcher Company fällt welche kulturelle Rettungsaktion ein? Wir sind gespannt!

Einfach gar nichts tun außer bei Jens Spahn dadurch punkten zu wollen, geht allerdings gar nicht, liebe Intendanten. Los, strengt Euch an, Ihr habt was zu verlieren!
Gisela Sonnenburg

P.S. 

Die Berliner Staatsoper Unter den Linden hat tatsächlich schnell reagiert und sendet  am 12.03.20 ab 19 Uhr auf ihrer Website (www.staatsoper-berlin.de) eine Aufzeichnung der Oper Carmen vom 7. März 2020 (Rezension bitte hier)! Bravo! Da capo! 

Ansonsten teilten später leider auch Hamburg und Dresden mit, ab dem 13. März 2020 keine Vorstellungen mehr aufzuführen, in Hamburg sogar bis inklusive 30. April, in Dresden bis zum 19. April – die kopflose Politik hat sich durchgesetzt, gegen die Interessen der Kunst. Absurd! Um sich anzustecken, muss einen in der U-Bahn jemand nur kurz anhusten. Würde er jedoch eine Mundschutzmaske tragen, könnte man getrost drei Stunden neben ihm sitzen, denn das Virus überträgt sich nur von bereits Erkrankten durch Tröpfchen- und Schmierinfektion. Da zu differenzieren, gelingt der deutschen Obrigkeit offenbar gar nicht.

Oder unsere liebe Regierung will nur mal austesten, wie weit sie gehen kann, um unter einem Vorwand das Versammlungsrecht zu beschneiden!

Bitte mal darüber nachdenken…

Bleibt bis auf weiteres das Internet, etwa hiermit:

www.staatsballett.de (Livestream mit dem Schwanensee vom Bayerischen Staatsballett am 21.03.20)

 

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